Rentenklau bei den Kindergartenlehrpersonen

Von: Fabio Höhener

Den Kindergartenlehrpersonen im Kanton Zürich wurden über Jahre hinweg Spargutschriften bei der Pensionskasse BVK vorenthalten. Eine falsche Praxis des Kantons drückte den in der zweiten Säule versicherte Lohn der Kindegartenlehrpersonen. Die Folge: Den Kindergartenlehrpersonen fehlen ungerechtfertigterweise tausende Franken an rentenwirksamen Alterskapital. Der VPOD fordert vom Kanton Nachzahlungen.

Kindergartenlehrpersonen wurden bis diesen Sommer bei einem Vollpensum formell zu einem Beschäftigungsgrad von 100% angestellt. Sie erhielten jedoch nur 87% ihrer eigenen Lohnklasse. Im Zusammenhang mit der vom VPOD mitgetragenen Lohnklage hat der Kanton argumentiert, dass auch wenn bei Kindergartenlehrpersonen analog zu den anderen Lehrpersonen von einem Vollpensum die Rede ist, dies nicht mit einem Beschäftigungsgrad von 100 Prozent gleichzusetzen ist. Diesem Argument folgte auch eine knappe Mehrheit des Bundesgerichts. In der Praxis folgte das Volksschulamt nicht dieser Logik. In der Verfügung sowie in der Lohnabrechnung wurde der Beschäftigungsgrad bei einem Vollpensum jeweils mit 100% angegeben. Damit hat die Bildungsdirektion einen Widerspruch geschaffen, der zu Ungunsten der Lehrpersonen ausfällt. Bei der Lohnauszahlung werden sie als Teilzeitbeschäftige, bei der Berechnung der Sparbeiträge für die Pensionskasse wie Vollbeschäftigte behandelt. Der dadurch zu hohe Koordinationsabzug führt bei den Kindergartenlehrpersonen zu massiven Rentenausfällen.

Der Kanton muss den Rentenklau umgehend ausgleichen.

Der VPOD findet diese Situation unhaltbar. Fabio Höhener, Gewerkschaftssekretär VPOD Lehrberufe meint dazu: «Der Kanton hat die Arbeit auf Kindergartenstufe zu einer Teilzeitbeschäftigung degradiert. Gleichzeitig werden sie als Vollbeschäftige betrachtet, um rechtmässig geschuldete Sparbeiträge zurückzuhalten. Diese Ungerechtigkeit gegenüber der vulnerabelsten Lehrpersonengruppe gilt es umgehend zu korrigieren.»
Betroffen sind davon überwiegend Frauen, die bereits jetzt von niedrigen Renten bedroht sind. Durch die Anpassungen des Vorsorgereglements der BVK ab 1. Januar 2017 und die Reduktion des Umwandlungssatzes ist die Anhäufung von genügend Alterskapital umso wichtiger geworden. Der VPOD fordert den Kanton dazu auf, umgehend die sozialpolitische Verantwortung zu tragen und sofort die Aufhebung dieser Ungerechtigkeit in die Wege zu leiten.

Der VPOD fordert:

  • Eine rückwirkende Einzahlung der geschuldeten und verzinsten Beiträge an das Sparkapital der Aktivversicherten.
  • Eine rückwirkende Rentenerhöhung auf Berechnungsgrundlage des tatsächlichen angehäuften Alterskapital.
  • Da die Lehrpersonen kein Verschulden trifft, soll ihnen eine freiwillige Nachzahlung der persönlichen Arbeitnehmerbeiträge offenstehen.

Technische Erklärung
In der juristischen Auseinandersetzung bezüglich Lohnklage der Kindergartenlehrpersonen hat der Kanton Zürich argumentiert, dass auch wenn in der Lehrpersonalverordnung (vom 19. Juli 2000, LPVO; LS 412.311) bei Kindergartenlehrpersonen analog zu den anderen Lehrpersonen von einem Vollpensum die Rede ist, dies nicht mit einem Beschäftigungsgrad von 100 Prozent gleichzusetzen ist. Das Bundesgericht ist dieser Argumentation gefolgt und stellt fest, dass es sich bei Ausübung eines Vollpensums faktisch um eine Teilzeittätigkeit handelt (Urteil BGer vom 19. September 2017, 8C_696/2016, E. 6.4.7 (34)). Entgegen dieser Feststellung hat das Volksschulamt in den Anstellungsverfügungen sowie in den Lohnabrechnungen der Kindergartenlehrpersonen den Beschäftigungsgrad bei einem Vollpensum mit 100 Prozent definiert. So erhielten sie bis anhin 100 Prozent Lohn der Lohnkategorie 1 (welche 87% der Lohnkategorie 2 entspricht) sowie auch 100 Prozent Verpflegungszulage.

Mit Einführung des neuen Berufsauftrages wurde der Teilzeittätigkeit der Kindergartenlehrpersonen Rechnung getragen, in dem die Lehrpersonen bei Übernahmen aller Lektionen in der Regel mit einem Beschäftigungsgrad von 88 Prozent angestellt werden. Ihnen bleibt dabei auch die Möglichkeit ihr Pensum bei Übernahme von weiteren Aufgaben bis 100 Prozent zu erhöhen. Damit hat sich der formelle Beschäftigungsgrad der Kindergartenlehrpersonen geändert. Das Volksschulamt hat dieser Änderung im Merkblatt «Neu definierter Berufsauftrag – Arbeitszeitmodell auf der Kindergartenstufe» im Kapitel Lohneinreihung der Kindergartenlehrpersonen (Seite 5) erläutert.

Die jahrelange Praxis ein Vollpensum mit einem formellen Beschäftigungsgrad von 100 Prozent zu definieren und gleichzeitig von einer Teilzeittätigkeit auszugehen, hat einen Widerspruch erzeugt, aus denen den Kindergartenlehrpersonen ungerechtfertigte Nachteile erwachsen. Diese Handhabung hatte insbesondere zur Folge, dass in den vergangenen Jahren die Beiträge an die Pensionskasse BVK zu Ungunsten der Kindergartenlehrpersonen bzw. nicht korrekt abgerechnet wurden. Die Pensionskasse BVK berechnet als versicherten Lohn den um den Koordinationsabzug verminderte Lohn. Bei Teilzeitbeschäftigten wird der Koordinationsabzug pro rata dem Beschäftigungsgrad angepasst (Vorsorgereglement 2017, Art. 19 Abs. 2). Bei einer Beschäftigung von 100% entspricht der Koordinationsabzug CHF 24'675 (Stand 2016). Unter Berücksichtigung der Teilzeittätigkeit beträgt der Koordinationsabzug jedoch rund CHF 21'467 (Beschäftigungsgrad 87%). Bei den Kindergartenlehrpersonen wird CHF 24'675 abgezogen. Folglich wird den Kindergartenlehrpersonen ein zu hoher Koordinationsabzug abgezogen. Bei einem formellen Beschäftigungsgrad von 100 Prozent gegenüber einem effektiven Beschäftigungsgrad von 87 Prozent ist der koordinierte Lohn um 3‘200 Franken zu tief berechnet worden. Dasselbe gilt analog für Kindergartenlehrpersonen mit tieferen Pensen. Da Sparbeiträge auf Grundlage des koordinierten (= versicherten) Lohn berechnet werden, entgingen den Kindergartenlehrperson über Jahre hinweg horrende Spargutschriften zu Gunsten ihres Alterskapital.
Beispiel Kindergartenlehrperson; Vollpensum; 55 Jahre alt
Jährliche fehlende Spargutschriften auf Grund des zu hohen Koordinationsabzugs = CHF 3‘200 11,6% ArbeitnehmerIn = 371,2 CHF 17,4% Arbeitgeber = 556,8 CHF
In diesem Beispiel hätte die Kindergartenlehrperson-LP jedes Jahr 928 Franken zu wenig Sparbeiträge aufbauen können, die auch nicht verzinst worden sind. Der Kanton wiederum hat zu Lasten der Kindergartenlehrpersonen geschuldete Arbeitgeberbeiträge eingespart.