Lohn – Zeit – Respekt !

Elvira Wiegers, Zentralsekretärin des VPOD für das Gesundheitswesen, sprach am Frauenstreik vor dem Zürcher Universitätsspital USZ. Hier ihr Beitrag.

Liebe Kolleginnen, liebe solidarische Männer

Ich begrüsse euch ganz herzlich zu diesem wunderbaren Tag, zum landesweiten Frauenstreiktag. Ich begrüsse dabei auch herzlich Frauen aus anderen Spitälern, die den Weg zu uns gefunden haben.

Lohn – Zeit – Respekt lautet der Slogan des Frauenstreiks. Er steht auch auf den Transparenten des Gesundheitspersonals, denn dies sind auch unsere Forderungen.

Zum Beispiel Respekt: Ihr seid tagtäglich schweren körperlichen und psychischen Belastungen ausgesetzt, arbeitet unregelmässig und müsst immer auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Ohne euch würde die Gesundheitsversorgung zusammenbrechen. Deshalb seid ihr, tausend mal mehr als irgendeine Bank, systemrelevant. Ihr seid unschätzbar wichtig für die Volkswirtschaft und für die Gesellschaft. Mit euren Kompetenzen, eurer Lebens- und Praxiserfahrung und mit eurem unbeschreiblichen Engagement seid ihr das wahre Kapital jedes Spitals und nicht irgendwelche kostspielige Neubauten und sündhaft teure Inneneinrichtungen. Dafür verdient ihr grossen Respekt, nicht in Form leerer Worte sondern in Form von entsprechenden Taten. Und genau deshalb verpflichtet das Arbeitsgesetz die Arbeitgeber auch zum Einbezug und zur Mitwirkung des Personals bei der Arbeitsorganisation und anderen wichtigen Fragen wie dem Gesundheitsschutz. Im USZ ist dies leider allzu oft nicht der Fall. Wir alle fordern deshalb das USZ auf, das Arbeitsgesetz einzuhalten und die Rechte des Personals zu respektieren. Hört euren Angestellten endlich zu, hört auf sie! Und redet mit ihnen, informiert sie. Respekt bedeutet auch, bedingungslos Hand zu bieten beim Wiedereinstieg nach der Babypause. Wieso müssen Frauen mindestens 50% arbeiten, was soll das? Gewährt den Frauen die Zeit, die sie brauchen, um sich an die neuen Lebensumstände zu gewöhnen. Bietet genug Kinderkrippenplätze an, geht auf die Lebensentwürfe von Frauen ein. Das ist Respekt. Respekt bedeutet auch, Angestellte nicht ständig aus dem Frei einzubestellen, nur weil man zu geizig ist, genug Personen einzustellen. Respekt ihr uns, respektieren wir euch!

Dann die Zeit: Man muss euch nur zuhören, um zu erfahren wie es ist. Ihr sagt: «Wir brauchen mehr Zeit! Mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten. Mehr Zeit, unsere Arbeit in guter Qualität und in Würde zu erledigen. Genau dafür wurden wir ausgebildet, genau das ist unsere Motivation, in diesem Beruf zu arbeiten. Wir wollen nicht minütele und immer mehr Zeit mit administrativen Arbeiten verbringen. Wir fordern, dass die Zeit, die der Arbeit gewidmet ist, auch voll und ganz bezahlt wird. Dazu gehört auch die Umkleidezeit.» Lasst uns zusammen das USZ auffordern, endlich eine faire und transparente Lösung für alle zu präsentieren. Wir fordern das USZ auch auf, die Arbeitsabläufe nicht immer noch weiter zu verdichten, das macht uns krank und kaputt! Der Slogan des USZ lautet: «Come in and Burn out – dagegen wehren wir uns laut.» Fast die Hälfte des Gesundheitspersonals in der Schweiz steigt wieder aus dem Beruf aus. Wir, die wir euch zuhören und euch begleiten, fordern eine radikale Umkehr zu einem System, wo die Patientinnen und Patienten und Personal wieder im Vordergrund stehen.

Zuletzt ein paar Gedanken zum Lohn. Eure Arbeit ist wichtig, sehr wichtig. Dafür verdient ihr eine faire Entlöhnung. Die Gesundheitsberufe gehören zu den häufigsten Frauenberufen. Mehr als ¾ der Angestellten in Gesundheitsinstitutionen sind weiblich, in der Langzeitpflege liegt der Anteil der Frauen gar bei deutlich über 80%. Viele von euch arbeiten Teilzeit, weil der Job zu anstrengend ist für 100% oder weil ihr häufig auch noch für eure Kinder da seid oder vielleicht ältere Angehörige betreut. Diese «Teilzeitfalle» führt dazu, dass ihr während eures ganzen Berufslebens weniger verdient und später dann auch noch deutlich tiefere Renten habt. Das darf nicht sein. Lasst uns zusammen für eine generelle Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn und für die Rente ab 60 bei vollem Lohn einstehen. Wir fordern nicht nur faire Löhne, sondern auch frauenfreundlichere Arbeitsbedingungen.

Ich wünsche es mir nicht nur, sondern ich glaube es auch, dass, wenn wir alle zusammenstehen, eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen machbar ist und dass bezüglich Mitwirkungsrecht eine positive Veränderung möglich ist. Zusammen schaffen wir das. Danke!