Kantonsspital Winterthur KSW: Zukunft ohne Personal?

Von: Roland Brunner

„Der KSW-Weg in die Zukunft“ – so beginnt der lange Artikel auf der Titelseite im 37°, der Zeitung für die Mitarbeitenden des Kantonsspitals Winterthur KSW. Der Beitrag ist der Auftakt zu einer siebenteiligen Artikelserie „Roadmap 2020“ zur Spitalstrategie der Zukunft.

Die halbe Titelseite, dann die ganze Seite drei. Dazu der „Standpunkt“, das Editorial von Spitaldirektor Rolf Zehnder auf der Titelseite: „Attraktiv bleiben“. Auf zwei Seiten ist unter dem Stichwort Zukunft die Rede von Gebäuden, baulichem Fortschritt, Trends im ersten Halbjahr 2019, Einbussen wegen niedrigerer Tarife, Wandel der Technologie und so weiter und so fort. Aber was das Gesundheitswesen im Kern ausmacht, fehlt praktisch vollständig: Das Personal.

Ein Spital ohne Personal ist kein Spital, sondern einfach ein Gebäude, alt oder neu, hübsch oder hässlich. Erst die Angestellten machen das Spital zu dem, was es ist: einer für die Gesellschaft zentralen Gesundheitsinstitution. Ein Spital ist eben keine Autofabrik, die nach Belieben automatisiert und computerisiert werden kann, wo bald ohne menschliches Zutun Tausende Fahrzeuge vom Laufband gehen. Ein Spital lebt von Menschen und für Menschen.

Entsprechend müsste das Personal auch das erste Thema sein, wenn es um die Zukunft geht. Qualifiziertes Gesundheitspersonal zu finden, ist jetzt schon schwierig. Jährlich fehlen 3000 ausgebildete Gesundheitsfachleute – obwohl ständig im Ausland rekrutiert wird und man damit das Problem dorthin verlagert und es dort verschärft. Und viele, die sich hoch motiviert zu Fachleuten Gesundheit ausbilden lassen, wechseln kurz nach der Ausbildung den Job, da die Arbeitsbedingungen einfach zu schlecht und die Löhne zu tief sind. Oder sie senken spätestens mit 40 das Stellenpensum, weil ein 100%-Job schlicht nicht auszuhalten ist. Der Preis fürs eigene Überleben: tieferer Lohn und am Schluss eine tiefere Rente.

Statt nun hier anzusetzen und eine Zukunftsstrategie auf guten Qualifikationen und guten Anstellungsbedingungen aufzubauen, hält man lapidar fest: „Welche Umwälzungen auch immer auf das KSW zukommen werden, das Spital und seine Mitarbeitenden müssen für die Zukunft flexibel bleiben.“ Was für ein Hohn! Schon heute rufen die Spitäler ihre Angestellten an freien Arbeitstagen und sogar während der Ferien an, weil mal wieder Personalmangel herrscht. Freizeitplanung? Familienleben? Erholungszeit? Fehlanzeige. Schon heute brechen ganze Abteilungen zusammen, weil die Arbeitsbelastung nicht mehr zu ertragen ist.

„Flexibel bleiben“? Wenn das meint, in den Umbauplänen der Spitaldirektion und des Managements als Manipuliermasse zu dienen, die sich hin- und herschieben und nach Belieben einsetzen und auspressen lässt, dann baut eine solche Strategie auf Sand. Auf jeden Fall weist sie keinen Weg in die Zukunft, wie der Artikel verspricht. Aber wer weiss, vielleicht bekommt ja das Personal in den nächsten sechs Beiträgen noch seinen Stellenwert im Gefüge der Zukunft. Eigentlich wäre es aber der Ankerstein, auf dem alles andere aufbaut. Aber diese Einsicht scheint im KSW noch nicht angekommen zu sein.