Keine Sieger am Umkleide-Rennen

Umkleiden ist Arbeitszeit! Diesen Grundsatz hat der VPOD am Universitätsspital Zürich USZ erfolgreich durchgesetzt. Über die Umsetzung wird aber weiter gestritten.

Bild: Andrea Jerger

Seit dem 1. August 2019 rechnet das USZ allen, die sich im Betrieb umkleiden müssen, 15 Minuten pro Tag dafür an. Diese 15 Minuten werden aber nicht zusätzlich vergütet oder kompensiert, sondern sie gehen voll auf Kosten des Personals und der PatientInnen, denn nun muss die Arbeit in 15 Minuten weniger Zeit erledigt werden. Es bleibt also noch weniger Zeit für die Betreuung am Bett, für Weiterbildung, für eine gute Übergabe vor und nach dem Dienst, für eine saubere Dokumentation der Patientenfälle. Der VPOD hat klar und deutlich gegen diese Umsetzung Stellung genommen.* Sie erhöht den Stress beim Pflegepersonal noch weiter und gefährdet potenziell auch die PatientInnen-Sicherheit. Das hat die Spitaldirektion nicht daran gehindert, ihren „kostenneutralen“ Plan dennoch umzusetzen.

In 7.5 Minuten an der Arbeit?

Die 15 Minuten, die das USZ pro Tag den Angestellten gutschreibt, entsprechen nicht dem realen Zeitaufwand, um in die Garderobe zu kommen, sich umzuziehen und von dort dann auf die Abteilung zu gelangen. 15 Minuten pro Tag heisst, dass für Wegzeit und Umziehen je 7.5 Minuten vor dem Dienst und 7.5 Minuten nach dem Dienst zur Verfügung stehen. Eine grosse Umfrage des VPOD beim Spitalpersonal hat schon letztes Jahr gezeigt, dass dies für ein so weitläufiges Spital wie das USZ unrealistisch ist. Ein Durchschnittswert von 20 Minuten käme dem realen durchschnittlichen Zeitaufwand näher.

Um das zu überprüfen, hat der VPOD heute ein „Umkleide-Rennen“ organisiert. Um 06.30 Uhr trafen die Spitalangestellten vor dem Haupteingang ein, die Renn-Nummern wurden verteilt und Erklärungen abgegeben. Elvira Wiegers, Zentralsekretärin des VPOD für das Gesundheitswesen, betonte: „Die Arbeitszeit beginnt bei Eintreffen am Arbeitsort. Arbeitsort ist für euch das USZ und hier stehen wir am Eingang. Ab hier läuft also die Uhr, wenn es um eure Arbeit geht.“ Um 06.45 Uhr hiess es dann: Auf die Plätze, fertig, los… in die Garderobe, umziehen, auf die Station… Dort angekommen meldeten die Spitalangestellten ihre Ankunftszeit. Die Schnellste mit dem kürzesten Weg schaffte es in 8.27 Minuten, beim längsten Weg dauerte es 14 Minuten bis auf die Abteilung. Im Durchschnitt benötigten die Spitalangestellten 10.16 Minuten für den Umkleidegang. Pro Tag macht das im Durchschnitt also gut 20 Minuten.

Tägliches Monitoring der Umkleide- und Arbeitszeit

Der VPOD hat zudem auf Internet einen Umkleide-Monitor eingerichtet, mit dem Spitalangestellte täglich die Zeit erfassen können, die sie für Weg und Umkleiden brauchen. Dieser Umkleide-Monitor ist auch als App für Mobiltelefone verfügbar. Erste Ergebnisse bestätigen das Resultat des Umkleide-Rennens. In 30% der Fälle reicht die vom USZ gutgeschriebene Zeit nicht aus, in weiteren 30% ist die Zeit sehr knapp. 35% der Angestellten sagen zudem, dass die Zeit für die Übergabe vor und nach dem Dienst nicht (15%) oder nur knapp (20%) reichte. Und nur drei Viertel des Pflegepersonals konnte die Dokumentation nach dem Dienst in der regulären Arbeitszeit erledigen, während 11% dies nicht und 14% es nur knapp schafften. Ein Drittel des Pflegepersonals konnte zudem die gemäss Arbeitsgesetz vorgeschriebenen Pausen nicht oder nur teilweise nehmen. Insgesamt geben 30% der Teilnehmenden an, Aufgaben ausserhalb der Arbeitszeit und somit unbezahlt verrichtet zu haben. Diese undokumentierte Arbeitszeit ist ein klarer Verstoss gegen das Arbeitsgesetz und ein Arbeitgeber macht sich schuldig, wenn er davon weiss und nichts dagegen unternimmt.

VPOD klagt gegen das USZ

Der VPOD wird an diesem Thema dranbleiben und fordert eine vollständige, dem realen Zeitbedarf entsprechende Anrechnung der Umkleidezeit, die nicht auf Kosten von Personal und PatientInnen ausgeglichen wird. Diese Forderung wird umso wichtiger, als mit der am USZ jetzt anstehenden Umstellung auf das automatisierte Kleiderausgabe-System Audigard der Zeitaufwand für die Angestellten noch grösser werden könnte.

Die Vergütung fordert der VPOD aber auch rückwirkend. Das USZ hat für das laufende Jahr zwei Kompensationstage gutgeschrieben, was nicht einmal den zu knapp bemessenen 15 Minuten täglich entspricht. Und auf die Forderung des VPOD, die letzten fünf Jahre Umkleidezeit zu vergüten, ist das USZ nicht einmal eingetreten. Hier reicht der VPOD nun Lohnklagen für seine Mitglieder ein, indem gegen die Verfügung des USZ vor Verwaltungsgericht Rekurs eingereicht wird.

Zudem wird der VPOD vom Arbeitsinspektorat überprüfen lassen, ob das USZ mit der jetzigen Umsetzung der Umkleidezeit nicht das Arbeitsgesetz und die Verpflichtung verletzt, Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren. Es kann nicht sein, dass ein kantonales Spital auf Kosten von Personal und PatientInnen gegen Gesetze verstösst.

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