Wie schon die Volkswirtschaftsdirektion vor ein paar Tagen eiert auch der Regierungsrat - unter der Ägide der zuständigen Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker-Späh (FDP) weiter herum. Man bestätigt zwar einmal mehr, dass Umkleiden wohl als Arbeitszeit zu gelten habe, meint dann aber, das sei durch die Gerichte zu beurteilen:
Als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitsgesetzes (ArG; SR 822.11) gilt die Zeit, während der sich die oder der Arbeitnehmende zur Verfügung der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers zu halten hat. Welche Tätigkeiten als Arbeitszeit gelten, ist eine Auslegungsfrage, die das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden betrifft und im Streitfall durch das Gericht zu klären ist. Laut Wegleitung des SECO zur Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz gelten als Arbeitszeit auch Tätigkeiten und Vorkehrungen die beispielsweise aus Gründen der Sicherheit oder der Hygiene am Arbeitsplatz als Vorbereitungshandlungen getätigt werden müssen, bevor die eigentliche Arbeitshandlung angegangen werden darf. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Empfehlung, die rechtsverbindlich umgesetzt werden muss, bevor sie Rechtswirkung entfaltet. So muss namentlich geklärt werden, ob, für wen und in welchem Umfang Umkleidezeit als Arbeitszeit angerechnet wird. Dies kann etwa in einem Personalreglement, in einem Arbeitsvertrag oder in einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) geschehen.
und weiter:
Relevant für die Kontrollbehörde ist das Total der Arbeitszeit pro Tag/Woche, nicht jedoch, was während dieser Arbeitszeit konkret gemacht wurde. Das Arbeitsinspektorat prüft nicht, wie in einem Spital die erfasste Arbeitszeit entstanden ist, sei es durch Umziehen, Patientenpflege, Administration oder Sitzungen. Nicht geprüft wird somit auch, ob das Umkleiden als Arbeitszeit gilt oder genügend Zeit für das Umkleiden an die Arbeitszeit eingerechnet wurde.
Auch der Regierungsrat bestätigt also, dass bei der Kontrolle nicht geschaut wird, ob die Arbeitszeit wirklich korrekt und vollständig erfasst wird oder nicht. Undokumentierte Arbeitszeit ist aber laut Arbeitsgesetz ein Verstoss, der geahndet werden muss. Und um solche undokumentierte Arbeitszeit handelt es sich, wenn die Umkleidezeit nicht aufgeschrieben wird. Es geht also nicht darum, was in der erfassten Zeit gemacht wird, sondern schlicht und einfach darum, ob die Arbeitszeit überhaupt aufgeschrieben wird - oder ob eben stundenweise als Arbeit definierte Tätigkeiten ausgeübt werden, die nicht als Arbeitszeit erfasst werden.
Von einer Kontrolle und Sanktionsmöglichkeiten will FDP-Regierungsrätin Carmen Walker-Späh, die der Volkswirtschaftsdirektion vorsteht und die dieses Jahr auch Präsidentin des Regierungsrates ist, nichts wissen. Unternehmensfreundlich und auf Kuschelkurs mit den Spitaldirektionen heisst es deshalb zum Vorschlag, den Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrages zur Voraussetzung für eine Aufnahme auf die Spitalliste zu machen:
Die Spitallisten des Kantons Zürich bestimmen in erster Linie den Leistungsauftrag der Spitäler. Der Regierungsrat lehnt es daher ab, eine Aufnahme auf die Spitalliste mit der Verpflichtung zum Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrages zu verknüpfen, der unter anderem auch die Umkleidezeit regelt. Dies wäre sachfremd und würde auch zu stark in die unternehmerische Freiheit der Spitäler eingreifen. Im Übrigen stehen den Spitälern auch andere rechtliche Möglichkeiten zur Regelung der Umkleidezeit zur Verfügung.
Es wäre ja wirklich ein extremer Eingriff in die unternehmerische Freiheit, wenn man die Spitäler zur Einhaltung des Arbeitsgesetzes verpflichten würde! Wo käme man denn da hin...
Michèle Dünki-Bättig, Präsidentin der VPOD Sektion Zürich Kanton und SP-Kantonsrätin, die die Interpellation angestossen hat, kommentiert denn die Antwort des Regierungsrates mit klaren Worten:
Der Regierungsrat sieht sich imstande, über Mindestfallzahlen zu entscheiden, welches Spital welchen Leistungsauftrag erhält. Für die Spitalangestellten, die diese Leistungen erbringen, will der Regierungsrat aber keine Vorgaben in Form eines GAV machen. Das ist mutlos. Die Anstellungsbedingungen sind wesentlicher Teil der Leistungserbringung und müssen kontrolliert werden. So fehlt beispielsweise bei den Spitälern - im Gegensatz zu den Alters- und Pflegeheimen - ein vorgegebener Personalschlüssel.