Ein halbvolles Glas

Der Regierungsrat beschliesst ein dringliches Massnahmenpaket gegen die mit der Corona-Krise verbundenen wirtschaftlichen Folgen. Das Glas bleibt aber halbvoll.

Carmen Walker Späh (Volkswirtschaftsdirektorin) und Ernst Stocker (Finanzdirektor) informierten heute über ein Massnahmenpaket, das der Regierungsrat als dringliche Massnahme gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise beschlossen hat.

Mit insgesamt 440 Millionen Franken aus verschiedenen Kassen und Kässeli soll Hilfe geleistet werden: Unternehmen, die in Liquiditätsengpässe kommen bei den Lohn- und anderen Zahlungen, Selbständigerwerbende, gemeinnützige Organisationen, Stundungen von Steuerforderungen… Die Palette der Massnahmen ist umfangreich. Und nichts von dem Beschlossenen ist falsch! Aber die Massnahmen gehen zu wenig weit:

Die jetzt eingestellten 440 Millionen werden kaum reichen. Für die ausserordentliche Unterstützung von Selbständigerwerbenden beispielsweise sind subsidiär zu den Bundesmassnahmen 15 Millionen Franken vorgesehen. Es ist klar, dass die Einbussen hier viel grösser sein werden.

Das ganze Massnahmenpaket ist zudem äusserst wirtschaftslastig und zielt praktisch ausschliesslich auf die Betriebe, während die Angestellten, ihre Ängste und Nöte, ihre Probleme und Bedürfnisse überhaupt nicht vorkommen. Man scheint die Betriebe retten zu wollen und vergisst, dass es vor allem um die Menschen und ihre Existenz geht. Und auch seiner Verantwortung in der Bekämpfung der Corona-Epidemie wird die Regierung damit nicht gerecht.

Eine flächendeckende Umsetzung der Verordnung des Bundesrats und der Empfehlungen des BAG ist aus epidemiologischer Sicht entscheidend für den weiteren Verlauf der Pandemie. Doch an zahlreichen Arbeitsplätzen wird das nicht umgesetzt. Der Aufruf des Bundesrates war klar: Abstand halten, Hände waschen und Ansammlungen vermeiden. Die Realität am Arbeitsplatz ist für viele eine ganz andere: Anreise zum Arbeitsplatz in engen Fahrzeugen, arbeiten auf engstem Raum, überfüllte Pausenräume und Verkaufsflächen, fehlende Distanz beim Kundenkontakt.

Es braucht deshalb dringend klare Signale und Vollzugsinstrumente der Behörden, damit der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz ernst genommen und die Empfehlungen des BAG umgesetzt werden. Da wo die Verordnung des Bundesrats und die Empfehlungen des BAG nicht eingehalten werden, müssen die Unternehmen die Arbeit bei voller Lohnfortzahlung einstellen. Es braucht eine klare Stellungnahme der Behörden, dass alle Betriebe, welche die Vorgaben nicht umsetzen können, Kurzarbeit bezahlt bekommen - und dass nicht mit Geldern aus dem Massnahmenpaket rechnen kann, wer sie nicht einhält. Dafür ist der Kanton mit dem Amt für Wirtschaft und Arbeit AWA und den Arbeitsinspektoraten zuständig. Die Durchsetzung dieser Schutzmassnahmen kostet ebenso wie deren Einhaltung. Hierzu ist nichts zu lesen im Massnahmenpaket.

Der VPOD begrüsst die beschlossenen Massnahmen des Regierungsrates – versteht sie aber als einen ersten Schritt und fordert dringend ein zweites Massnahmenpaket, in welchem oben genannte Aspekte berücksichtigt sind.

Und vor allem muss die Regierung selber dafür besorgt sein, den Gesundheitsschutz und die Arbeitszeiten seiner Angestellten einzuhalten. Immer noch gibt es Direktionen und Abteilungen, wo die Vorgesetzten weiterarbeiten, wie wenn es keine Coronakrise gäbe. Der VPOD wird mit entsprechenden Anfragen von Mitgliedern überschwemmt und hat deshalb ein Schreiben an Finanzdirektor Stocker und das Personalamt gerichtet, um den Schutz der kantonalen Angestellten einzufordern.Weitere Informationen des VPOD zum Thema: