Mit der Corona-Krise wurden mehr und mehr auch die Arbeitsbedingungen des Gesundheitspersonals zu einem Thema. Tiefe Löhne, Arbeitszeiten rund um die Uhr mit Schichten von zwölf Stunden, ein unmögliches Familienleben… Kein Wunder verlässt die Hälfte der ausgebildeten Pflegefachkräfte den Beruf schon lange vor der Pensionierung wieder. Die Corona-Krise hat diese Situation vor allem für die Pflegefachkräfte auf den Intensivstationen der Spitäler weiter zugespitzt. Aber auch in Alters- und Pflegeheimen oder bei der Spitex steigen die Anforderungen und der Druck ins Unerträgliche.
Reden darüber dürfen diese Menschen, die sich jeden Tag an der Front dem Virus stellen, aber nicht. Spitäler und Heime haben Corona zur Chefsache erklärt und verbieten dem Personal, darüber zu reden. In einer Mail teilte beispielsweise Gregor Zünd, CEO des Universitätsspitals Zürich USZ, den Angestellten schon Anfang März mit: «Die interne und externe Kommunikation des USZ liegt im Auftrag der Unternehmenskommunikation. Veröffentlichen Sie keine Beiträge zum Thema Coronavirus und USZ auf separaten Social-Media-Plattformen. Anliegen und Fragen zur Kommunikation können Sie an richten.» Auch in anderen Spitälern und Heimen wird den Angestellten de facto verboten, über die Situation zu reden.
Einerseits ist deshalb sehr verständlich, dass Angestellte im Gesundheitswesen sich scheuen (selbst anonym), gegenüber den Medien Aussagen zu machen. Die Angst vor Repression ist grösser als das Mitteilungsbedürfnis des Gesundheitspersonals, das bis zum Umfallen seiner Arbeit nachgeht. Andererseits wirkt dieser Maulkorb auch irritierend. Wenn die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen so gut sind, wie die Spitäler immer wieder behaupten, und man die Corona-Situation so gut im Griff hat, weshalb dann die Angst davor, dass Angestellte im Gesundheitswesen sagen, was sie denken? Dass über die Medienstellen der Spitäler vermittelte, handverlesene Angestellte und die Spitaldirektoren selbst sich in den Medien zu Wort melden, macht es nicht besser und schafft kaum mehr Vertrauen in die Transparenz.
Der für das Gesundheitswesen im Kanton Zürich zuständige VPOD-Sekretär Roland Brunner meint dazu:
«Pflegefachkräfte leisten enorm viel und beklagen sich extrem selten – nicht nur jetzt in Corona-Zeiten. Bis zur Selbstaufopferung setzen sie sich für die Patientinnen und Patienten ein. Dass man ihnen verbieten will, über ihre Arbeit und die Bedingungen dabei zu reden, ist absolut skandalös.»