Der Besuch der jungen Dame. (K)eine Reportage

Als das Gesundheitspersonal am 29. Oktober im Rahmen der nationalen Aktionswoche mit einer Menschenkette vom Universitätsspital USZ zur Gesundheitsdirektion für bessere Arbeits- und Anstellungsbedingungen protestierte, wollten wir Gesundheitsdirektorin und SVP-Regierungsrätin Natalie Rickli auch unsere Forderungen überbringen. Leider war Rickli gemäss ihrem Sekretariat dann «nicht verfügbar». Inzwischen ist auch klar wieso.

RR Rickli und CEO Zünd

Während sich um 16 Uhr mehr als 500 Personen vor dem USZ versammelten – alle mit Maske und einem Sicherheitsabstand von zwei Metern – stattete Gesundheitsdirektorin Rickli ebendiesem USZ einen Besuch ab. Sie war also wenige Meter von der Kundgebung entfernt und wir hätten uns den Gänsemarsch zur Gesundheitsdirektion sparen können, wenn Frau Rickli sich hier dem Personal gestellt hätte. Aber das stand nicht auf dem Programm.

Stattdessen wurde sie von USZ-CEO (wie Spitaldirektoren heute heissen) Gregor Zünd durchs Spital geführt. Zünd, der neben seinem Vollzeitlohn als CEO auch noch einen Vollzeitlohn als Professor abkassiert, nahm sich Zeit für den hohen Besuch. In einer internen Mitteilung an die Angestellten schreibt das USZ: «CEO Prof. Dr. med. Gregor Zünd hat RR Natalie Rickli (…) einen Einblick in die Arbeit des USZ bei der Behandlung von COVID19-Patientinnen und -Patienten geboten. In einem Rundgang hat RR Natalie Rickli erfahren, wie die Prätriage im Institut für Notfallmedizin abläuft und sie konnte sich ein Bild von der COVID-Abteilung im West G und von den Intensivstationen im SUED2 B/D machen.» Dann wird Rickli zitiert: «Ich bin beeindruckt, wie gut das USZ im Kampf gegen das Virus aufgestellt ist und mit welcher Ruhe und Professionalität sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die Patientinnen und Patienten kümmern.» Ob die Aussage tatsächlich mit so viel *innen gemacht wurde, sei dahingestellt. Zu den Mitarbeiter*innen gibt es aber sehr wohl einiges zu sagen.

Der Besuch von RR Rickli wurde von CEO Zünd und seiner Entourage sorgfältig vorbereitet und es wurde sichergestellt, dass Rickli auch sicher nicht mit Angestellten in Kontakt kommt, die vielleicht auch etwas hätten sagen können zu den Bedingungen, unter denen sie ihr Arbeit leisten.

Geplant war beim Besuch im SUED2 B auch ein Einblick, wie ein Patient auf den Bauch gelagert wird. Dies ist ein sehr aufwändiger Prozess. So stand denn auch das ganze Team bereit und wartete auf den Chefchef mit seinem hohen Besuch, aber der kam nicht. Das Personal stand da wie bestellt und nicht abgeholt. Anscheinend wurde Rickli von Zünd weggelotst mit der Begründung, «das Lagerungsteam brauche jetzt Platz! Wir gehen jetzt lieber!».

Inzwischen war das Gesundheitspersonal bei der Gesundheitsdirektion angekommen, wo auch sonst niemand bereit war, die Forderungen entgegenzunehmen. Aber – wie VPOD-Copräsidentin Michèle Dünki-Bättig in ihrer Ansprache an der Schlusskundgebung festhielt: «Es ist schon sehr heuchlerisch, dass der Austausch mit Spitaldirektoren und Heimleitungen gepflegt wird, unsere Anliegen sie aber anscheinend nicht interessieren. So müssen wir unsere Forderungen halt lauter und mit mehr Nachdruck platzieren.» Und sie machte klar: «Wir werden wieder kommen – bis die Forderungen gehört und erfüllt werden. Frau Rickli, reden Sie mit uns!» Vielleicht ist unter der Adresse Gesundheitsdirektion ja dann doch einmal jemand zuhause und empfänglich – nicht nur für Spitaldirektoren und inszenierte Besichtigungen ohne Kontakt zu den Angestellten, die sich Tag für Tag an der Front für unsere Gesundheit einsetzen.

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