USZ: Alle Macht dem CEO?

Die Skandale der letzte Monate um Chefärzte am USZ haben die Gesundheitsdirektion veranlasst, ein Gutachten einzuholen. Dessen Schlussfolgerungen sind mehr als fragwürdig.

Das Gutachten der Res Publica Consulting AG zu den Aufsichts- und Führungsstrukturen des Universitätsspitals Zürich, das die Gesundheitsdirektion in Auftrag gegeben hat, wurde am 20. November veröffentlicht - und es ist starker Tabak. Mehr als berechtigt sind die unzähligen Mängel, die der Bericht auflistet und die der VPOD seit Jahren anprangert (siehe zum Beispiel unser "Sündenregister des USZ" vom Juli 2019 und die Beiträge zum USZ auf unserer Kampagnenseite).

Die Liste ist lang - und unvollständig:

  • die Zusammensetzung des Spitalrates
  • Interessenskonflikte und unklare Weisungsrechte der Spitaldirektion
  • die Kultur in einzelnen Kliniken
  • das Honorarmodell mit falschen Anreizen
  • Fehlende oder unvollständige Offenlegung von Interessensbindungen
  • Fehlen eines Kommunikationskonzeptes für den Krisenfall
  • und so weiter, und so fort. Insgsamt 29 "Feststellungen" Nur einer kommt ungeschoren davon: CEO Gregor Zünd. Keine einzige "Feststellung" kritisiert ihn.

Grundlage für das Gutachten waren "insgesamt 22 Gespräche mit Mitarbeitenden der Gesundheitsdirektion, Mitgliedern des Spitalrates, der Spitaldirektion sowie Klinik- und Institutsdirektorinnen und -direktoren. Zudem fand eine Besprechung mit der Finanzdirektion statt." Merke: Kein einziges Gespräch mit der Personalkommission und mit den Personalverbänden, die da einiges hätten sagen und beitragen können.

Mehr als fragwürndig ist wohl auch deshalb die politische Grundhaltung hinter dem Bericht und die Schlussfolgerungen und Empfehlungen, die er liefert. Tief verankert im Glauben an unsichtbare Hand des Marktes fragt der Untersuchungsbericht nicht einmal, ob denn die Skandale der letzten Monate nicht das Resultat genau der marktorientierten Ausrichtung und der Ökonomisierung des Gesundheitswesens sein könnten. Im Gegenteil: Der Bericht fordert noch mehr Marktwirtschaft, noch mehr Deregulierung, noch mehr Konkurrenz mit der Privatwirtschaft. So hält man schon in der Einleitung fest, dass die Rechtsform des USZ als ausgegliederter, selbständiger Betrieb mit operativer Selbständigkeit ein Hindernis sei:

Die mit dieser Rechtsform einhergehenden Vorteile wie die Nähe zur Universität oder günstige Kreditkonditionen vermögen deren Nachteile nicht aufzuwiegen.

Die logische Konsequenz eines solch ideologisch verblendeten Untersuchungsberichts: Die Empfehlungn zielen auf eine Schwächung der politischen Zuständigkeit und der gesellschaftlichen Verantwortung des USZ (Abschaffung des Öffentlichkeitsprinzips, Abschaffen der Koordination der Immobilienbewirtschaftung mit dem Kanton usw.). Dafür alle Macht für Gregor Zünd, den CEO des USZ. Genau er, der ja auf operativer Ebne die Verantwortung trägt für die Skandale und der sich selber zwei Vollzeitgehälter als USZ-CEO und als Universitätsprofessor auszahlen lässt, genau dieser CEO solle mehr Macht erhalten, um sich gegen die (zugegebenermassen) oft selbstherrlichen Klinikdirektoren durchzusetzen.

Entsprechend inszeniert sich Zünd denn auch in der NZZ: Er will keine Star-Chirurgen mehr (nur noch einen Star-CEO), pocht auf fixe Löhne für "seine" Ärzte (allerdings ohne Obergrenze bei z.B. 750'000 Franken pro Jahr) und er will mehr Macht für sich. Zitat in der NZZ am Sonntag:

Der Betrieb ist gesichert. Ein Neuanfang bei der operativen Führung ist nicht nötig.

Wenn es nicht nach Verschwörungstheorie tönen würde, so müssten wir dieses Gutachten als reines Gefälligkeitswerk für CEO Zünd bezeichnen. Aber der ist ja dafür bekannt, gute Verbindungen zu haben und seine Macht skrupellos auszuspielen.

So ganz nebenbei empfiehlt der Bericht auch noch einen Gesamtarbeitsvertrag GAV für das Personal des USZ - um endlich das leidige Personalrecht des Kantons loszuwerden. Wir erinnern daran, dass der VPOD dem USZ schon lange vorgeschlagen hat, einen GAV auf Grundlage des Personalgesetzes zu machen, wie dies politisch möglich und auch vorgesehen ist. Damit könnte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass das Personalgesetz nicht für einen 7x24-Stunden-Betrieb sondern für die Verwaltung geschrieben wurde. Nach einigen Gesprächsrunden machte das USZ klar, dass man schon an einem GAV interessiert sei, aber nur als Ersatz für das Personalgesetz, also unter dessen Ausserkraftsetzung. Politisch wie rechtlich ist dies ein No-go.

Die Politik täte gut daran, nicht auf die ideologisch motivierten Empfehlungen dieses Gutachten zu hören, sondern auf die bekannten Checks and Balances zu setzen - und dem Personal mehr Mitwirkung zuzugestehen, um so nicht der Allmacht eines mehr als zweifelhaften CEO ausgeliefert zu sein.