BVK: Keine weiteren Verschlechterungen der Vorsorgeleistungen!

Von: Fabio Höhener

Die verbindliche Obergrenze des technischen Zinssatzes droht per Ende September unter 2% zu fallen. Damit müssten viele Pensionskassen ihre versicherungstechnischen Grundlagen nach unten anpassen. So auch die BVK. Die Gewerkschaft VPOD und die Vereinigten Personalverbände (VPV) des Kantons Zürich fordern die BVK auf, Anpassungen auf das notwendige Minimum zu beschränken und diese sozial verträglich umzusetzen.

Die Fachrichtlinie 4 (FRP4) der Kammer der Expertinnen und Experten sieht eine Berechnungsmodus für eine verbindliche Obergrenze des technischen Zinses vor. Massgebend für das Jahr 2021 wird der Stand Ende September 2020 sein. Aktuell weist der Berechnungsmodus eine Obergrenze von 1,97% auf, womit die Obergrenze tiefer ist als der aktuell von der BVK verwendete Zins von 2%. Bleibt die Obergrenze bis zum Stichtag kommende Woche unter 2%, droht der BVK eine Anpassung des technischen Zinssatzes.

Eine Senkung des technischen Zinssatzes führt zu einer Senkung des Deckungsgrades. Bereits eine minimale Anpassung auf 1,75% hat zur Folge, dass mehrere hundert Millionen Franken mehr Kapital zur Deckung der Renten reserviert werden müssen. Bereits 2017 hat die BVK die versicherungstechnischen Grundlagen mit einem enormen Senkungsschritt des Zinssatzes von 3.25% auf die heutigen 2% angepasst. Da die BVK in der Vergangenheit zu wenig Kapitalreserven angelegt hat, um Verluste abzufedern, wurden einschneidende Sanierungsmassnahmen mit Beitragserhöhungen und einer Senkung des Umwandlungssatzes durchgesetzt.

Die BVK beteuerte damals, dass dieser einschneidende Schritt unumgänglich sei, damit die Kasse in Zukunft aus eigener Kraft einen stabilen Deckungsgrad erreichen könne. Drei Jahre später wackelt dieses Versprechen bereits. Schon im Februar 2020 hat BVK-Chef Thomas Schönbächler in den Medien angekündigt, dass im Verlaufe des Jahres «Entscheidungen getroffen werden» müssen (NZZ, 01.02.2020). Fabio Höhener, zuständiger Gewerkschaftssekretär des VPOD Zürich betont, dass das bereits jetzt stark ramponierte Vertrauen der Angestellten in ihre Pensionskasse keine weitere Kürzungen verkraftet: «Eine weitere Verschlechterungen der Vorsorgeleistungen sind für die rund 87 000 Angestellten nicht zumutbar!».

Kein falscher Schritt zur falschen Zeit

Der VPOD und die VPV lehnen eine Anpassung des technischen Zinssatzes unter die erlaubte Obergrenze ab. Peter Reinhard, Präsident der VPV: «Die Verbände sind der Ansicht, dass eine minimale Anpassung durch die Auflösung der Rückstellungen von 1,2 Milliarden ohne Renteneinbussen umgesetzt werden kann. Von einer weiteren Anpassung des bereits jetzt tiefen Umwandlungssatzes und der sehr hohen Beiträge ist daher abzusehen.» Zudem sind für alle Jahrgänge Aufwertungsgutschriften als Abfederungsmassnahmen zu finanzieren.

Während der Covid-19-Pandemie sind die Zukunft auf den Finanzmärkten, die wirtschaftliche Situation der Angestellten, in den Betrieben, Gemeinden und im Kanton nur schwer vorherzusehen. Gerade deshalb müssen sich Arbeitnehmende und Arbeitgebende für notwendige Anpassungen in kleinen Schritten einsetzen. Dabei muss es das Ziel sein, in den kommenden Jahren genügend Aufwertungsgutschriften finanzieren zu können, damit weitere Renteneinbussen vermieden werden und das in der Stiftungsurkunde festgehaltene Leistungsziel von einer Altersrente von 60% des letzten versicherten Lohnes eingehalten werden können.


Verbindliche Obergrenze des technischen Zinses

Die Fachrichtlinie 4 (FRP4) der Kammer der Expertinnen und Experten sieht einen verbindlichen Berechnungsmodus für eine Obergrenze des technischen Zinses vor. Die Berechnung funktioniert folgendermassen: Ausgangspunkt ist der durchschnittliche Kassazinssatz der 10jährigen Bundesobligationen, darauf wird ein Zuschlag von 2,5% hinzugerechnet. Dieser Zinssatz ist für Vorsorgeeinrichtung mit Generationentafeln verbindlich. Falls Periodentafeln verwendet werden, erfolgt ein Abschlag von 0,5%.

Der VPOD und die VPV lehnen dieses untaugliche Berechnungsmodell ab. Die Formel bildet erstens nicht die realen Anlagen und Erträge der Pensionskassen ab und steht zweitens mit seiner Messfrist von einem einzigen Jahr im Widerspruch zu den langfristigen Anlagehorizonte der Pensionskassen. Zudem ist die Berechnungsart nur für ein Positivzinsumfeld plausibel. Der Negativzins der Nationalbank hat das Ziel, den überbewerteten Schweizer Franken zu schwächen. Hinter dem Negativzins steht also eine Marktbeurteilung, dass die Schweizer Wirtschaft stabil und Investitionen sicher sind. Die FRP4 suggeriert wiederum, die Investitionen würden vom Markt als unsicher beurteilt; das Gegenteil ist der Fall. Und noch absurder: Im Extremfall hätte ein Negativzins von beispielsweise -3% in der starr konstruierten FRP4 für die Pensionskassen sogar einen negativen technischen Zinssatz zur Folge.