Gabi Brenner, Pflegedirektorin des Zürcher Universitätsspitals USZ, scheint keine glückliche Hand zu haben, wenn es um Kommunikation geht. Bereits im im Juni gab es seitens IPS-Pflegepersonal heftige Kritik und Briefe ganzer Abteilungen wegen ihrer Aussagen in der Rundschau vom 2. Juni auf SRF. Aussprachen zu diesen Kritiken fanden zwar statt, aber laut Pflegefachleuten habe die Direktorin die Kritik abgewimmelt und dem Journalisten dafür die Schuld gegeben.
Vielleicht aus Frust über diesen missglückten Fernsehauftritt verschickte Pflegedirektorin Brenner nun am 26. August eine Mail an die Abteilungsleitungen, die diese dann an alle Angestellten in den Teams weiterleiteten. Darin ist, verschickt mit Priorität Hoch unter dem Betreff "Gehäufte Medienanfragen - direkt an weiterleiten" zu lesen:
Mit den steigenden Corona-Zahlen schnellen auch die Medienanfragen wieder hoch. Und wir stellen insbesondere fest, dass manche Journalisten unsere Fachleute direkt anfragen für Stellungnahmen, Interviews etc. Seit heute sogar gehäuft. Wir bitten euch, die Anfragen unbeantwortet direkt an unsere Medienstelle weiterzuleiten. Ziel ist es, ein einheitliches Bild nach aussen zu geben. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.
Am Montag Vormittag (30. August) hat VPOD-Sekretär Roland Brunner per Mail bei Gabi Brenner nachgefragt, was das denn zu bedeuten habe:
Klar ist, dass nur das USZ selber (also die zuständige Medienstelle) für das USZ sprechen kann und soll. Manchmal wollen Medienschaffende aber nicht die offizielle Stellungnahme des Spitals, sondern Stimmen von Pflegefachleuten oder anderen angestellten Personen hören, also die «Sicht von unten». Ich finde es völlig klar und richtig, dass auch diese Stimmen zu Wort kommen und gehe davon aus, dass sich die untenstehende Mail auf Anfrage an das USZ bezieht, nicht auf Anfragen an einzelne Angestellte.
Pflegedirektorin Gabi Brenner antwortete umgehend:
Unsere Medienstelle vermittelt ja Fachpersonen des USZ für Medienanfragen, das sind auch durchaus Pflegende und MTTB Mitarbeiter*innen. Zudem werden hier auch die O-Töne der Mitarbeiter*innen vermittelt. Wir sehen aber auch, dass Personen die sich öffentlich äussern und exponieren zurzeit angefeindet werden, es geht vor allem darum unsere Mitarbeiter*innen zu schützen, denn viele unterschätzen das. Insbesondere die Mails/ Rückmeldungen die unsere Infektiologen und Intensivmediziner erhalten nach öffentlichen Auftritten sind massiv.
Brenner argumentiert also mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und will die Angestellten in Schutz nehmen vor den Medien und vor Anfeindungen. Aber was ist mit dem «einheitlichen Bild», das da vermittelt werden soll? Das tönt doch nicht nach freier Meinungsäusserung. Weiterhin war nicht klar, was die Mail von Gabi Brenner bewirken sollte. War es ein Angebot an die Angestellten oder ein Maulkorb für Angestellte, die nicht handverlesen von der Medienabteilung ausgesucht und vermittelt wurden? Wir insistierten:
(...) Solange Aussagen von Angestellten nicht eine Schädigung des USZ bewirken resp. das USZ deswegen dagegen klagen würde, sind öffentliche Stellungnahmen von Angestellten aus rechtlicher Sicht nicht zu verbieten oder verfolgen. Oder auf welcher Gesetzesgrundlage sollte dies geschehen? Ich gehe davon aus, (...) dass das USZ stolz darauf sein muss, wenn sich engagierte Mitarbeitende zu Wort melden – auch wenn es ggf. kritische Stimmen sind.
Reaktion? Keine. Zumindest nicht von Gabi Brenner. Ein Telefonanruf einer Person ohne Angabe ihrer Funktion auf den Anrufbeantworter, eine Mail derselben Person, in der nochmals die Aussagen von Gabi Brenner wiederholt werden, ebenfalls ohne Fusszeile mit Funktionsangabe... Wir antworteten:
Falls wir die Mitteilung von Frau Brenner falsch verstanden haben, tut uns dies leid, freut uns aber auch umso mehr. Vielleicht war die Mitteilung nicht so gemeint, wie wir sie gelesen haben. So ist sie aber sowohl bei mir als auch den Kolleg*innen am USZ angekommen. Und Kommunikation besteht ja bekanntlich nicht aus dem, was gesagt/geschrieben wird, sondern daraus, was bei den Empfänger*innen ankommt. Ich bitte Sie, dies in Ihrer Kommunikation richtigzustellen und Angestellte nicht mit solchen Mitteilungen einzuschüchtern.
Mails hin und her die ganze Woche, aber keine Klarstellung oder Präzisierung, was denn nun genau gemeint ist und ob das nun ein Maulkorb ist oder nicht. Auch nach Ablauf der Arbeitswoche im Büro (z.B. auf der Medienstelle des USZ) wussten wir nicht mehr. Zum Glück erfolgte dann am 8. September eine Klarstellung durch David Chaksad, Leider Stab Spitaldirektion. Er hält fest:
Uns war und ist es im USZ ein Anliegen, gegen aussen und innen, gut und klar zu kommunizieren. Wir haben Ihre Einschätzung dazu aber verstanden und nehmen diese als Hinweis auch auf.
Aus unserem unmittelbaren Alltag und den Rückmeldungen an uns nehmen wir wahr, dass die Mitarbeitenden bei direkt und persönlich platzierten Anfragen der Medien über die begleitende Unterstützung und Beratung der Unternehmenskommunikation dankbar sind und die Haltung der Spitaldirektion als klar und in dem Sinne positiv wahrnehmen. Selbstverständlich sind sämtliche Mitarbeitenden jederzeit frei, (im Rahmen des personalrechtlichen Rahmens sowie unter Berücksichtigung der berufsbedingten Vertraulichkeit) sich zu äussern und über eigene Wahrnehmungen und Befindlichkeiten zu sprechen.
Es liegt in der Natur der Sache, der jeweiligen Funktion im USZ und der Perspektive, dass die Meinungen in fachlich wichtigen Themen auseinandergehen. Sie sollen und können, wie bereits angesprochen, jederzeit geäussert werden. Das USZ lebt von der Vielfalt der Meinungen und von der Loyalität der Mitarbeitenden aller Stufen. Nicht nur, aber vor allem in Zeiten wie dieser, die eine ausserordentliche Mobilisierung der Kräfte erfordern.
Vielleicht prüft Herr Chaksad in Zukunft die Kommunikation von Pflegedirektorin Gabi Brenner schon vor dem Versand an die Angestellten. Das scheint nötig zu sein und wäre sicher hilfreich. Aber auch auf die Nachfrage, ob diese Richtigstellung denn nun allen zugeschickt werde, die vorher die missverständliche, enschüchternde Mail von Pflegedirektorin Gabi Brenner erhalten haben, ist die Antwort noch ausstehend. Falls dies nicht gemacht wird, bleibt der Verdacht, dass hier wider besseres Wissen und gesetzliche Grundlagen die Angestellten eingeschüchtert werden sollen - mit Wissen und Deckung von oben, in diesem Fall.