Nullsummenspiel Temporärpersonal

Von: Roland Brunner, VPOD-Sekretär Sektion ZH Kanton

Überall mangelt es an qualifiziertem Pflegepersonal – seit Covid-19 noch mehr. Darüber berichten wir praktisch in jeder Ausgabe unseres Newsletter GESUNDHEIT! Aber was kostet es, den Betrieb mit Temporäraushilfen aufrecht zu erhalten?

In der letzten Ausgabe des monatlichen Newsletters GESUNDHEIT! haben wir auf einen Artikel in der NZZ hingewiesen (Teurer Kampf um rares Pflegepersonal). Gemäss NZZ sollen temporär Angestellte 30 bis zu 50 Prozent mehr verdienen als Festangestellte. Dem widerspricht nun Conny Bacher, Leiterin Marketing und Kommunikation sowie Mitglied der Geschäftsleitung bei Careanesth AG in Zürich, einem der zentralen Player bei der Vermittlung von Gesundheitspersonal: «Klar ist, dass der Personalvermittler nicht die Lösung für den chronischen Personalmangel im Gesundheitswesen ist. Allerdings ist er aber auch nicht die Ursache der hohen Personalkosten», meint sie gegenüber Medinside. Seit Anfang Jahr seien im Schnitt 5000 Mitarbeitende im Einsatz über alle Berufe im Gesundheitswesen (ohne Hilfsfunktionen wie Studenten) und über alle Einsatzgebiete. Vier Prozent davon seien Pflegefach-personen mit Fachweiterbildung zur Intensivpflegefachperson.
Im Auftrag von Careanesth hat das Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie der ZHAW 2018 untersucht, wie gross der Kostenunterschied zwischen Eigenpersonal und den Temporärkräften von Careanesth aus Vollkostensicht tatsächlich ist. Laut dieser Studie betragen die Kosten für eine festangestellte Vollzeitkraft für 192 produktive Arbeitstage im Schnitt 108'000 Franken. Im Vergleich dazu fallen bei temporär Angestellten für dieselbe Zeitspanne Kosten von rund 121'000 Franken an. Damit seien Festangestellte im Schnitt nur elf Prozent günstiger als Temporärkräfte. Die ZHAW hält fest: «Obwohl die Kosten für Temporärpersonal erwartungsgemäss höher als jene für Festangestellte sind, fällt der Kosten-unterschied aus Vollkostensicht nicht mehr so stark ins Gewicht, wie es die direkten Kosten auf den ersten Blick erwarten lassen.»


Die Mogelpackung dabei: In den gängigen Vergleichen würde die unproduktive Zeit der festangestellten Pflegenden nicht berücksichtigt. Bei festangestelltem Pflegepersonal müssten Ferien, Krankheitstage oder Zeitboni für Überstunden weggerechnet werden, die für Temporärangestellte nicht anfallen. Der Lohn für die 250 vertraglich festgelegten Arbeitstage müsse damit auf 192 reale, produktive Arbeitstage umgerechnet werden. «Dadurch, dass die effektive Arbeitszeit 26 Prozent niedriger liegt als die theoretisch verfügbare Arbeitszeit, erhöhen sich die anzusetzenden Kostensätze pro effektiven Arbeitstag bei den festangestellten spürbar.» (Grammatikfehler im Original)

Dass bei den temporär angestellten Pflegepersonen die Vermittler einfach Ferien und Krankheit aus ihren Kosten streichen und diese den Pflegefachleuten als individuelles Risiko überbürden können, macht die Rechnung aber doch sehr fragwürdig. Denn auch Temporärpersonal braucht Ferien und wird krank. Nur erhalten sie dann keinen Lohn.

Der ganze Artikel bei Medinside
Die ZHAW-Studie Temporärkräfte in der Pflege – flexibel und nur wenig teurer