Spitaldirektor Zehnder nimmt den Hut

Von: Roland Brunner, VPOD-Sekretär Sektion ZH Kanton

Rolf Zehnder, Spitaldirektor des Kantonsspitals Winterthur KSW, verlässt das Spital. Ein guter Entscheid - wenigstens für die Angestellten im KSW.

Heute Donnerstag wurde das Personal informiert und auch die Medien berichten bereits:

Nach 14 Jahren als Spitaldirektor hat sich Rolf Zehnder entschieden, das Spital zu verlassen. Zehnder ist seit 2008 CEO des Kantonsspitals im Kanton Zürich und ist unter anderem Vizepräsident des Spitalverbands Hplus. Der 54-Jährige wechselt in den Kanton Thurgau, wo er auch wohnhaft ist. Er wird im August 2022 die Leitung der Thurmed AG und der Spital Thurgau AG übernehmen. Zehnder ersetzt Marc Kohler, der zu diesem Zeitpunkt nach 18 Jahren in Pension gehen wird.

In seinen 14 Jahren war Zehnder immer wieder ein Stein des Anstosses. Eine kleine "Würdigung".

Die letzte Auseinandersetzung liegt erst wenige Tage zurück. Die Spitaldirektion verbot den Angestellten, des KSW, sich mit dem Tragen eines Buttons für die Pflegeinitiative einzusetzen. Spitaldirektor Zehnder aber machte mit Inseraten Kampagne gegen die Pflegeinitiative. Wir haben darüber berichtet:

Aber die Vorgeschichte ist länger.

Als am 21. Mai 2017 die Abstimmungsresultate über die geplante Privatisierung des KSW bekannt wurden, war vor allem die mit über 70% eindeutige Ablehnung im Bezirk Winterthur selbst eine deftige Ohrfeige für den damaligen Gesundheitsdirektor und Privatisierungsturbo Thomas Heiniger und für KSW-Spitaldirektor Rolf Zehnder. Auch im Weinland lag der Nein-Anteil bei 59 Prozent und selbst in weit von Winterthur entfernt gelegenen Gemeinden gab es noch Nein-Mehrheiten. Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich hatten die Umwandlung des KSW in eine Aktiengesellschaft also mehr als deutlich abgelehnt.

Schmutzige Mittel im Abstimmungskampf

Der Abstimmung voraus gegangen war ein schmutziger Abstimmungskampf, in den sich vor allem Spitaldirektor Zehnder immer wieder mit unlauteren Methoden einmischte. Die Privatisierungs-Befürworter weigerten sich, ihr Kampagnenbudget offenzulegen und Transparenz zu schaffen, woher das Geld für ihre Kampagne kam. Klar war einzig, dass sie erhebliche Unterstützung insbesondere von der Chefetage des KSW erhalten haben - entgegen geltendem Recht. Denn dieses auferlegt staatlichen Stellen Zurückhaltung in Abstimmungskämpfen.

Das KSW half beim Eintreiben von Spenden und organisierte einen Massenversand an alle Haushalte im Einzugsgebiet des Spitals, in dem für die Privatisierung geworben wurde. Besonders stossend: für den Plakataushang stellte das KSW ihr Logo zur Verfügung - erst an dritter Stelle erschien jenes des Privatisierungs-Komitees. Damit wurde der Stimmbevölkerung vorgegaukelt, es handle sich um eine offizielle Stimmempfehlung staatlicher Stellen. Dies obwohl das Bundesgericht festgehalten hat, dass die Verwendung amtlicher Insignien – wie z.B. eines Logos – in Abstimmungspropaganda unzulässig ist. Über allfällige weitere Unterstützungsleistungen liessen die Privatisierungs-Befürworter die Bevölkerung ebenso im Dunkeln wie über die Herkunft ihrer finanziellen Mittel.

Missachtung der demokratischen Mitbestimmung
Der mangelnde Respekt vor unserer Rechtsordnung hat sich auch in den wiederholten Äusserungen von KSW-Direktor Rolf Zehnder niedergeschlagen, der sich zuerst in der NZZ und zwei Wochen später auch noch im Tages Anzeiger über die demokratische Mitbestimmung durch Kantonsrat und Gesundheitsdirektion beschwerte und offen zugab, jeweils nach "Umgehungsmöglichkeiten" zu suchen. Pikant ist dabei, dass Zehnder nach dem ersten Interview bereits vom Leiter der Finanzkontrolle und sogar vom obersten Privatisierungs-Turbo selbst, Regierungsrat Thomas Heiniger, ob dieser Äusserungen kritisiert und ermahnt wurde.
Kathy Steiner, Kantonsrätin der Grünen, kommentierte den Ausgang der Abstimmung so: «Geschäftsmodelle, die mit Rosinenpickerei oder anderen fragwürdigen Praktiken im Gesundheitswesen Profitmaximierung betreiben, haben keine Zukunft im Kanton Zürich.» Explizit an die Adresse von KSW-Direktor Zehnder, der im Abstimmungskampf mit fragwürdigen Äusserungen über die demokratische Mitbestimmung aufgefallen war, hielt sie fest, auch dieser solle das künftig respektieren – «andernfalls drängt sich die Frage auf, ob er noch die richtige Besetzung für den Job ist».

Kein Lerneffekt bei Zehnder

Wer nun meint, dass das Votum der Stimmberechtigten gegen die Privatisierung des KSW zu Einsicht und einem Lerneffekt bei Spitaldirektor Zehnder führen würden, sah sich schnell getäuscht. Während Zehnder – sichtlich unter Schock - noch am Abstimmungstag gegenüber dem Winterthurer SP-Kantonsrat und damaligen Präsidenten der VPOD-Sektion Zürich Kanton Andi Dauru meinte, jetzt sei wohl ein Gesamtarbeitsvertrag GAV angesagt, kehrte kurz darauf der Privatisierungswahn zurück.

Schon Anfang August – gerade einmal zwei Monate nach der Abstimmung – ging die Schlagzeile durch die Medien, das Spital Schaffhausen plane die Auslagerung des Rettungsdienstes – in Diskussion und eventuell unter Einbezug des Spitals Bülach du des KSW. Und so ging es weiter. Keine Bereitschaft des KSW, Umkleiden als Arbeitszeit anzurechnen, wie der VPOD forderte und das nationale Staatssekretariat für Wirtschaft Seco bestätigte, keine Bereitschaft, über einen GAV auch nur nachzudenken oder gar Verhandlungen aufzunehmen, bis im Sommer 2020 zu den Plänen, die Spital-Gastronomie an einen privaten Anbieter auszulagern. Unsere Beiträge dazu:

Die Personalkommission am KSW hatte längst das Handtuch geworfen und war kollektiv zurückgetreten. Auch der VPOD musste immer wieder erleben, dass sich die Spitaldirektion aufführte, wie wenn sie da ihren privaten Betrieb gegen die Gewerkschaft zu verteidigen hätte. Betriebliche Mitbestimmung, verfassungsmässig garantiertes Gewerkschaftsrecht, nur schon Informationsstände am KSW waren keine Selbstverständlichkeit, sondern mussten in diesem öffentlich-rechtlichen Spital immer wieder erstritten werden. Angst und Einschüchterung des Personals waren im VPOD immer wieder ein Thema. Der Führungsstil von Zehner war und ist – gelinde gesagt – rigide.

Zehner als oberster Chef wäre sicher auch beim Personal eines Privatspitals nicht beliebt. Aber an einem öffentlichen Spital, das dem Kanton gehört, ist er definitiv falsch am Platz - ob nun im Kanton Zürich oder nachher im Kanton Thurgau. Denn auch wenn die Spital Thurgau AG als Aktiengesellschaft privatrechtlich organisiert ist, so sind die dazugehörigen Kantonsspitäler Frauenfeld und Münsterlingen, die Psychiatrischen Dienste Thurgau sowie die Rehabilitationsklinik St. Katharinental in Diessenhofen immer noch die kantonale Gesundheitsversorgung und als solche in öffentlicher Hand.

Spätestens nach der Niederlage bei der Spitalprivatisierung hätte Zehner in die Privatwirtschaft wechseln können, um dort seiner Marktideologie zu frönen. Diese Chance hat er verpasst – und gelernt hat er auch nichts. Den VPOD-Kolleg:innen im Kanton Thurgau wünschen wir viel Glück und ein starkes Rückgrat im Umgang mit ihm.

Hier im Kanton Zürich werden wir sehen, ob die Auseinandersetzung um die Umkleidezeit am KSW bis August noch mit dem aktuellen KSW-Direktor beigelegt werden kann oder ob die Frage vom nächsten KSW-Direktor angegangen werden muss.

Hintergrund über das KSW auch unter https://spital-privatisierung-nein.ch/akutspitaeler/kantonsspital-winterthur/

Nachtrag: Barbara Lang, Mitglied im Präsidium der KSW-Personalkommission, ist mit unserem Bericht über den Rücktritt von Rolf Zehnder nicht zufrieden und widerspricht zwei Aussagen darin. Per Mail teilt sie mit, dass sich "gegenüber der Peko keine KSW Mitarbeiter geäussert hätten, sie seien froh, dass Herr Zehnder das KSW verlässt". Zudem bestreitet sie, dass es zu einem kollektiven Rücktritt aus der Personalkommission gekommen sei und widerspricht damit den Informationen, die wir haben. Sie hält fest: "Niemand ist zurückgetreten!" Sie selber sei seit 2016 in der Personalkommission des KSW tätig.