Umkleidezeit: Recht haben und Recht bekommen

Von: Roland Brunner, VPOD-Sekretär Sektion ZH Kanton

Noch immer gibt es Spitäler und Heime die bestreiten, dass Umkleiden Arbeitszeit ist. Im Recht ist das zwar klar geregelt, aber Recht haben und Recht bekommen ist nicht immer das Gleiche.

Dominique Schläfli hat im August an der Universität Bern seine Masterarbeit "Umkleidezeiten nach schweizerischem Arbeitsrecht" vorgelegt. Inzwischen wurde sie mit der Note 6 bewertet und im Frühling wird sie in der Schriftenreihe "Recht in privaten und öffentlichen Unternehmen" des DIKE-Verlages erscheinen. Wir werden dann ausführlicher auf diese Arbeit zurückkommen. Hier aber jetzt schon ein kurzes Zitat aus der vorläufigen Fassung:

Die in den meisten Betrieben gelebte Praxis, die Umkleidezeit entweder nicht oder pauschal zu erfassen, ist nach der hier vertretenen Ansicht unter der Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung und Literatur nicht gesetzeskonform.

Die Masterarbeit von Dominique Schläfli stärkt in wesentlichen Punkten die Feststellungen des VPOD, wonach betrieblich verordnetes Umkleiden als Arbeitszeit zu gelten hat und damit als solche erfasst und entschädigt werden muss. Insbesondere unterstützt seine Schlussfolgerung auch die Kritik des VPOD am Zürcher Amt für Wirtschaft AWA und dem Arbeitsinspektorat, das sich bisher weigert, die korrekte Erfassung der Arbeitszeit zu kontrollieren und zu überprüfen, ob undokumentierter Arbeitszeit wie Umkleiden, Einlesen ausserhalb der erfassten Arbeitszeit usw. vorliegt. AWA und Arbeitsinspektorate unterstehen der Volkswirtschaftsdirektion, die von FDP-Regierungsrätin Carmen Walker Späh geleitet wird, deren Herz stram rechts und wirtschaftsliberal auf der Seite der Arbeitgeber schlägt und die wenig Sympathie für die Arbeitnehmenden und ihre Verbände hat. Das hat sie mehrfach bewiesen.

Artikel 46 des Arbeitsgesetzes (ArG) verpflichtet die Arbeitgeber, alle Verzeichnisse oder andere Unterlagen, aus denen die für den Vollzug des Gesetzes und seiner Verordnungen erforderlichen Angaben ersichtlich sind, den Vollzugs- und Aufsichtsorganen zur Verfügung zu halten. Namentlich müssen Dauer und Beginn und Ende der geleisteten täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit (inklusive Ausgleichs- und Überzeitarbeit) sowie der Pausen von einer halben Stunde und mehr ersichtlich sein (Art. 73 ArGV 1).

Die entsprechende Checkliste für die Kontrolle der Arbeitszeiterfassung fragt unter 3.5.1: "Wird die geleistete tägliche Arbeitszeit erfasst?" Es ist klar: Wo die Umkleidezeit nicht zur Arbeitszeit gerechnet und entsprechend als Arbeitszeit erfasst wird, liegt ein Verstoss gegen das Arbeitsgesetz vor und dieser Punkt ist mit Nein zu beantworten und zu ahnden.

Eine entsprechende Aufsichtsbeschwerde des VPOD gegen das AWA an die Geschäftsleitung des Zürcher Kantonsrates wurde im April 2020 eingereicht. Darin halten wir fest:

Mit einer blossen Kontrolle, ob die aufgeschriebene Zeit den gesetzlichen Vorschriften entspricht, erfüllt das Arbeitsinspektorat seinen Auftrag in zweierlei Hinsicht nicht:

a) Es besteht eine Pflicht die gesamte Arbeitszeit zu erfassen (art. 73 Abs. 1. lit. c ArGV1). Diese Pflicht des Arbeitgebers ist zu kontrollieren, ob sie korrekt erfolgte.

b) Es kann nicht kontrolliert werden, ob die Höchstarbeitszeiten, die Ruhezeiten, die Pausen etc. korrekt eingehalten werden, wenn den gelieferten Zahlen einfach vertraut wird, und nicht überprüft wird, ob diese Zahlen auch korrekt sind.

Vor mehr acht Monaten eingereicht, ist diese Aufsichtsbeschwerde immer noch nicht beantwortet. AWA und Arbeitsinspektorate machen hier schlicht auf Arbeitsverweigerung. Und anscheinend lässt der Kantonsrat sich von der Volkswirtschaftsdirektion und FDP-Regierungsrätin Carmen Walker Späh gängeln.

Zu ergänzen ist hier die Gesetzesbestimmung betr. undokumentierter Arbeitszeit: Weiss ein Arbeitgeber, dass im Betrieb undokumentierte Arbeitszeit (z.B. Umkleidezeit) verrichtet wird und unternimmt er nichts dagegen, macht er sich strafbar. Das Seco hält fest:

Die Dokumentation der von den Arbeitnehmenden geleisteten Stunden muss für eine Dauer von fünf Jahren seitens der Unternehmen aufbewahrt werden. Bei Missachtung drohen Strafmassnahmen, die von Verwarnungen bis zu Bussgeldern reichen.