Lautes Schweigen des Regierungsrates

Von: Roland Brunner, VPOD-Sekretär Sektion ZH Kanton

Der Regierungsrat des Kantons Zürich übt sich in beredetem Schweigen, wenn es um bessere Anstellungsbedingungen für das Gesundheitspersonal geht. Neuestes Beispiel: Seine Antwort auf eine Anfrage.

Am 31. Januar 2022 haben die drei SP-Kantonsrät:innen und VPOD-Mitglieder Michèle Dünki-Bättig, Pia Ackermann und Andreas Daurù eine Anfrage zur Attraktivität der kantonalen Spitäler als Arbeitgeber eingereicht. Nun liegt mit dem Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates des Kantons Zürich die Antwort auf diese Anfrage vor (Sitzung vom 6. April 2022, KR-Nr. 33/2022).

Auf Antrag der Gesundheitsdirektion hält der Regierungsrat fest, dass ihn die Anstellungsbedingungen in den kantonalen Spitälern und Kliniken (USZ, KSW, PUK und ipw) nichts angehe und es ihm herzlich egal sei, denn:

Die vier kantonalen Spitäler sind selbstständige Anstalten im Eigentum des Kantons. Es ist daher in erster Linie Aufgabe der Spitäler, sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren.

Und diese Spitäler unternähmen "seit Längerem grosse Anstrengungen, um gut qualifizierte Mitarbeitende rekrutieren zu können". Leider ist von diesen Anstrengungen bei den Beschäftigten noch herzlich wenig angekommen. Für sie muss es wie Hohn klingen, wenn der Regierungsrat respektive die Gesundheitsdirektion behauptet:

Das Universitätsspital Zürich und das Kantonsspital Winterthur setzen im Bereich der Pflege beispielsweise auf attraktive Weiterbildungsangebote, Laufbahnentwicklung, flexible Arbeitszeitmodelle, die zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie beitragen, und Möglichkeiten des Job-Sharing. Dazu kommen weitere, individuelle Massnahmen wie eine gute und gezielte Einarbeitung sowie eine Praxisbegleitung bei einem Wiedereinstieg, die Möglichkeit von unbezahlten Urlauben, die Schaffung von Handlungsspielräumen bei der Zeitkompensation oder spezialisierte Beratungsangebote im Bereich der Gesundheitsprävention und -förderung.

Genau solche Forderungen stellt der VPOD und seine Gruppen in den vier Spitälern/Kliniken seit langem - und nichts davon ist umgestzt. Trotzdem meint der Regierungsrat, "die Stärkung der Pflege" sei "auch dem Regierungsrat ein grosses Anliegen". Zur Forderung, die Einstufung der Gesundheitsberufe neu zu beurteilen, hält der Regierungsrat aber fest:

Die vier kantonalen Spitäler beurteilen die bestehenden Richtpositionsketten im Bereich Pflege und deren Einreihung im Lohnsystem als aktuell und sachgerecht.

Dann lobt sich die Gesundheitsdirektion selber dafür, dass sie mit den Spitaldirektoren hinter dem Rücken des Personals und der Personalverbände - und gegen deren expliziten Widerstand - die Personalreglemente der vier kantonalen Kliniken vom Personalgesetz des Kantons Zürich abkoppeln will. Einmal mehr wird schöngeredet:

Die Gesundheitsdirektion hat gemeinsam mit den kantonalen Spitälern deren Personalreglemente überarbeitet. Die jeweiligen Personalreglemente ermöglichen es den kantonalen Spitälern, zugunsten des Pflegepersonals von Bestimmungen des kantonalen Personalrechts abzuweichen. So soll den Spitalräten insbesondere ermöglicht werden, für das Pflegepersonal im Vergleich zu anderen kantonalen Angestellten zusätzliche Mittel für die Lohnentwicklung bereitzustellen, eine die gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht ersetzende und für das Pflegepersonal mindestens gleichwertige Krankentaggeldversicherung abzuschliessen, höhere Inkonvenienzentschädigungen (für Nacht-, Wochenend-, Pikett- und Präsenzdienst) auszurichten sowie Beiträge an die Verpflegung und Abonnemente des öffentlichen Verkehrs für Mitarbeitende, die an mehreren Standorten tätig sind, zu bezahlen. Die Beschlussfassung durch die Spitalräte und die Vorlage der Personalreglemente an den Regierungsrat zur Genehmigung sollen im zweiten Quartal 2022 erfolgen.

Über die "Nebenwirkungen" dieser von den Spitaldirektoren und der Gesundheitsdirektion beschlossenen Abkoppelung vom Personalgesetz des Kantons Zürich lässt der Regierungsrat kein Wort verlauten. Der VPOD hat klar gegen dieses hinterrückse Geschäft Stellung genommen (Vernehmlassungsantwort des VPOD) und auch die Personalkommission des USZ hat dieses Ansinnen in ungewohnt scharfer Form verurteilt.

Überhaupt gehen die Gesundheitsdirektion und der Regierungsrat nirgends auf die Forderungen des Personals und seiner Verbände ein. Ja sie verweigern sogar das direkte Gespräch und damit die Sozialpartnerschaft. Obwohl der VPOD anerkannter Sozialpartner des Kantons Zürich ist, weigert sich die Gesundheitsdirektion, den VPOD zu Gesprächen einzuladen. Lieber wird hinter dem Rücken des Personals mit den Spitaldirektoren über das Personal verhandelt als mit ihm. Auf die Forderung, in einen Dialog mit dem Personal und seinen Verbänden einzutreten und für die vier kantonalen Spitäler in Verhandlungen über Gesamtarbeitsverträge im Rahmen des Personalgesetzes einzutreten, antwortet der Regierungsrat:

Es existieren bereits verschiedene institutionalisierte Austauschgefässe mit den Sozialpartnern, im Rahmen derer alle aktuellen Anliegen und Bedürfnisse angesprochen werden können. Ob ein Rahmen-Gesamtarbeitsvertrag (GAV), wie ihn andere Kantone kennen, tatsächlich zu einer verminderten Abwanderung und zu einer spürbaren Zunahme der Attraktivität der angeschlossenen Spitäler als Arbeitgeber führt, ist unklar und müsste zuerst vertieft geprüft werden.

Mit lautem Schweigen tut die Gesundheitsdirektion also, was sie gegenüber dem Personal schon seit langem tut: Abwarten.

Nach der Annahme der Pflegeinitiative im November 2021 sollten zudem auch die nächsten Umsetzungsschritte auf nationaler Ebene und deren Wirkung abgewartet werden, bevor weitere kantonale Massnahmen eingeleitet werden.

Die Geduld des Personals ilst längst aufgebraucht. Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen wird weiter zunehmen - verstärkte Ausbildung hin oder her - weil viele den Beruf verlassen oder ihre Stellenprozente abbauen. So wird halt mit den Füssen abgestimmt, wenn der Regierungsrat nicht fähig oder willens ist zu handeln. Es wäre an der Zeit, dass das Gesundheitspersonal auf den Balkon tritt und die bürgerlichen Spar- und Verweigerungspolitiker:innen von SVP und FDP mit Applaus belohnt - statt sie mit ihren Stimmen bei den nächsten Wahlen wiederzuwählen. Aber selbst Applaus ist noch zu viel für diese Nullnummer.