Die gute Nachricht vorneweg: Das Bundesgericht hält einmal mehr klar und unmissverständlich fest, dass Umkleiden zur Arbeitszeit gehört. Und als solche muss sie auch in der Arbeitszeiterfassung erscheinen. Noch immer weigert sich aber eine Mehrheit der Spitäler und Klinken, aber auch der Alters- und Pflegeheime und der Spitexen, diesem Rechtsgrundsatz Folge zu leisten.
- Der VPOD fordert die Arbeitgeber auf, den rechtlich längst nicht mehr bestrittenen Grundsatz endlich anzuwenden und auf eine korrekte Arbeitszeiterfassung von Arbeitsbeginn bis Arbeitsende (inklusive Umkleidezeit vor und nach dem Dienst) umzustellen. Pauschalentschädigungen für die Umkleidezeit sind zwar möglich, ersetzen aber keine korrekte Arbeitszeiterfassung.
- Der VPOD fordert das Amt für Wirtschaft und Arbeit AWA des Kantons Zürich und die ihm unterstellten Arbeitsinspektorate erneut dringlich auf, die Vorgaben des Staatssekretariats für Wirtschaft seco endlich einzuhalten und die korrekte Erfassung der Arbeitszeit (inklusive Umkleidezeit) in den Betrieben zu kontrollieren.
Die Lohnforderung von rund 150 Kläger:innen für die Umkleidezeit der vergangenen Jahre hat das Bundesgericht aber in diesem Pilotentscheid leider abgewiesen. Es begründet dies mit zwei Argumenten:
- Das Bundesgericht verweist auf das Arbeitsgesetz und sagt, dieses sei anwendbar. Deshalb gelte auch Art. 13 ArGV1 (Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz), wonach alle Zeit, welche im Interesse des Arbeitgebers geleistet werde, Arbeitszeit darstelle. Das - ehemalige und bis Ende Juli 2019 gültige - Reglement des USZ, wonach die Umkleidezeit nicht zur Arbeitszeit zähle, stehe in einem gewissen Widerspruch zum Arbeitsgesetz und zu Art. 13 ArGV1 (E. 5.2). Dies spiele aber keine Rolle, denn das Arbeitsgesetz sage nichts über die Bezahlung der Arbeitszeit aus.
- Sodann musste sich das Bundesgericht mit der Frage auseinandersetzen, ob es zulässig sei, dass aufgrund gelebter Praxis die Umkleidezeit nicht als Arbeitszeit bezahlt werde. Weil das Personalrecht kantonales Recht ist, konnte das Bundesgericht diese Frage nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür prüfen. Nur wenn die Argumentation der Vorinstanz offensichtlich unhaltbar ist, kann das Bundesgericht eingreifen. Das Bundesgericht erklärte, es gebe zwar andere Lösungen, es sei aber nicht willkürlich, wenn die Umkleidezeit nicht entlöhnt werde. Die Nichtbezahlung müsse nicht ausdrücklich schriftlich festgehalten werden. Eine gelebte Praxis sei genügend. Es treffe zwar zu, dass es “ebenfalls vertretbare oder gar zutreffendere Lösungen” gebe und das Arbeitszeitreglement des USZ sei auch per 1. August 2019 geändert worden, dennoch sei der Entscheid der Vorinstanz aber nicht willkürlich.
Der VPOD bedauert diesen Entscheid, denn er legitimiert die jahrelang gratis geleistete Arbeitszeit. Die beim Spitalrat hängigen, bis zum Urteil über den Pilotfall sistierten Rekurse und Verjährungsunterbrechungen werden zurückgezogen, da auf Grund des Entscheides des Bundesgerichtes ist eine Weiterverfolgung nicht sinnvoll ist.
Rechtsanwalt Markus Bischoff, der den VPOD und die Kläger:innen vertritt, hält dazu fest: «Ich bedaure den Bescheid des Bundesgerichtes. Aber das Urteil belegt wenigstens einmal mehr, dass Umkleidezeit unbestritten Arbeitszeit darstellt.»
Michèle Dünki-Bättig, Präsidentin der VPOD Sektion ZH Kanton, betont: «Der VPOD wird sich nun darauf konzentrieren, dass alle Gesundheitsbetriebe im Kanton Zürich die unbestrittene Tatsache, dass Umkleiden als Arbeitszeit gilt und dass diese korrekt erfasst werden muss, endlich umgesetzt wird. Darum ging es dem VPOD von Anfang an und darum geht es auch den betroffenen Angestellten in erster Linie.»