Pflexit: Keine Entwarnung, kaum Zahlen

Von: Roland Brunner, VPOD Sekretär Sektion ZH Kanton

Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen ist längst kein Geheimnis mehr. Aber das Problem wird nicht kleiner, sondern immer grösser. Nur fehlen leider genaue Angaben dazu.

Seit Jahren schreiben wir über den Personalmangel im Gesundheitswesen. Der Begriff "Pflexit", der Exit des Gesundheitspersonals aus dem Beruf, hat längst ins Vokabular aller Eingang gefunden, die sich mit dem Gesundheitswesen beschäftigen. Auch auf der Webseite des VPOD ZH taucht der Begriff immer wieder auf (hier eine Liste der Einträge).

Nun ist der neue Jobradar erschienen, der vierteljährlich die ausgeschriebenen Stellen in der Schweiz ausweist. Auf Platz 1 der gesuchten Berufsleute - wie seit Jahren - die Pflegefachkraft mit 6995 gesuchten Personen. Allerdings sind die Zahlen mit Vorsicht zu geniessen - und viele wichtige Zahlen sind gar nicht vorhanden.

Der von einer privaten Firma x28 vierteljährlich veröffentlichte Jobradar zählt nur die Stellen, die per veröffentlichtem Inserat oder auf Webseiten von Arbeitgebern ausgeschrieben sind (siehe Tabelle unten). In der Schweiz sind das per Stichtag 15. November 2022 für das vierte Quartal des Jahres 264'067 zu besetztende Stellen - noch einmal 5000 mehr als ein halbes Jahr zuvor. Für den Kanton Zürich weist der Jobradar 59'318 Stellenausschreibungen aus, also fast ein Viertel der in der ganzen Schweiz zu besetzenden Stellen. Für das Gesundheitswesen als Branche zählt der Jobradar 15'751 Stellenausschreibungen. Gerade im Gesundheitswesen veröffentlichen aber viele Arbeitgeber die Stellen schon gar nicht mehr per Inserat, da dies viel kostet und selten etwas bringt. Und wie weit der Jobradar tatsächlich alle Ausschreibungen auf den Webseiten der Arbeitgeber erfasst, ist fraglich. Es ist also anzunehmen, dass die Dunkelziffer sehr gross ist und die Zahl auch doppelt so hoch sein könnte. Zudem scheint die Aufstellung im Jobradar wenig konsistent, denn wenn die gemäss Jobradar veröffentlichten Stellenausschreibungen für einige der Gesundheitsberufe zusammengezählt werden, kommt man schon auf bedeutend mehr als Jobradar für die ganze Branche ausweist.

Aber gibt es denn keine besseren Zahlen und Angaben zum Personalnotstand? Das Amt für Wirtschaft und Arbeit AWA des Kantons Zürich, das der Volkswirtschaftsdirektion von Carmen Walker Späh (FDP) untersteht, liefert auf Anfrage nur Zahlen zu den Erwerbstätigen gemäss Statistik des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO und die bei den RAV gemeldeten offenen Stellen in Berufen des Gesundheitswesens. Per Ende September 2022 wussten die RAV im ganzen Gesundheitswesen gerade einmal von 168 offenen Stellen im Kanton Zürich... Über andere Zahlen verfügt das AWA nicht.

Und die Gesundheitsdirektion unter Regierungsrätin Natalie Rickli (SVP), die doch für die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung zuständig ist? Auf der Webseite der Gesundheitsdirektion finden sich in den jährlich veröffentlichten Kenndaten zwar detaillierte Angaben über die Beschäftigten (in Personen und in Vollzeitäquivalenten) für das ganze Gesundheitswesen und für jeden einzelnen Gesundheitsbetrieb, also jedes Spital, jede Klinik, jedes Alters- und Pflegheim, jede Spitex... Aber Angaben zum Sollpersonalbestand und damit zu den fehlenden Gesundheitsfachkräften und zum Personalmangel fehlen auch hier.

Fazit: Der erste Schritt zur Behebung des Personalnotstandes im Gesundheitswesen wäre wohl, diesen endlich systematisch zu erfassen und auszuweisen. Der VPOD wird dies von der Gesundheitsdirektion einfordern.

Tabelle: Per Inserat ausgeschriebene Stellen gemäss Jobradar (zur Darstellung der ganzen Tabelle auf das Bild klicken)


Galerie: 2022-12-28_pflexit