Der ganz normale Pflexit-Wahnsinn

Von: Roland Brunner, VPOD-Sekretär Sektion ZH Kanton

Fachkräftemangel. Pflegenotstand. Und dann das. Ein Beispiel des alltäglichen Wahnsinns, der Pflegefachleute zum Ausstieg treibt.

Eigentlich würde man ja meinen, dass der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen dazu führt, dass sich die Betriebe bemühen, gute Anstellungs- und Arbeitsbedingungen zu bieten. Der Fall dieser VPOD-Kollegin zeigt, dass dies nicht unbedingt der Fall ist. Kein Wunder, dass Pflegefachleute und andere Angestellte im Gesundheitswesen aussteigen.

Im Sommer letzten Jahres schrieb die Kollegin an das HR ihres Spitals:

Leider stellt sich keine Freude über die erhaltene Lohnerhöhung ein. Diese geringe Wertschätzung meiner langjährigen guten und zuverlässigen Mitarbeit kann ich so nicht akzeptieren. 70 Franken und 10 Rappen mehr Gehalt. Dies trotz der aktuell viel höheren Teuerung. Meine letzte Lohnerhöhung erhielt ich 2015 (...) Bei jedem Mitarbeitergespräch hiess es, dieses sei nicht "lohnrelevant". (...) Es ist mir auch bekannt, dass Teammitglieder mit weniger Berufserfahrung ohne FA IP in der Lohnklasse 16 eingestuft sind, ich aber in der LK 15.

Die Kollegin listet weitere Missstände auf und schliesst mit den Worten:

Wöchentlich lese ich im E-Mail, dass mein Einsatz verdankt wird und dass die Leitung meine Arbeit wertschätzt. Das sind nur schöne Worte statt Taten! Davon kaufe ich mir kein Stück Brot. Die aktuelle Situation (...) zeigt deutlich: Die wenigen, die noch da sind, brennen immer mehr aus, weil sie die Last von immer mehr fehlenden Kollegen und Kolleginnen kompensieren müssen. Wir sind dauer-unterbesetzt und können somit auch nicht temporäre Mitarbeitende sorgfältig einarbeiten.

In der Antwort bedankt sich das HR "herzlich für deine ehrlichen Zeilen", um dann alles zu rechtfertigen und mit den Zeilen zu schliessen, dass man sich herzlich für den Einsatz bedanke.

Die Kollegin hatte genug. Hier ihr Pflexit-Schreiben:

Ich freue mich euch mitteilen zu können, dass ich mir zu meinem 60. Geburtstag ein grosses Geschenk mache und meine Anstellung auf den 30. September kündige. Nach längerem Abwägen der Vor- und Nachteile hänge ich den Job als Pflegefachfrau endgültig an den Nagel und nehme neue Projekte und Herausforderungen an. (,,,) Ab dem 1, Oktober schreibe ich meine Dienstpläne wieder selbst. Mache wieder ausgiebige Essenspausen und werde mich auch nur noch mit aufmunterndem Klatschen begnügen. Ich freue mich auf meinen ersten Rentnertag.

Wir wünschen der Kollegin noch einen guten Abschluss bei der Arbeit und ein langes, gesundes Pflexitdasein als Rentnerin.