Zeitdiebstahl

Die Umstellung von der Lektionen- zur Beschäftigungsgradlogik führt bei bestimmten Lehrpersonengruppen zu einer Abwertung der Arbeitszeit. Die Konsequenz ist eine Steigerung des zeitlichen Arbeitsaufwandes oder eine versteckte Lohnkürzung.

Wegfall der Altersentlastung und Zusatzlektionen

Durch die Einführung des neuen Berufsauftrages fällt die Altersentlastung für die Lehrpersonen ab dem 57. Lebensjahr weg: Bisher wurde ein Vollpensum ohne Lohnkürzung um zwei Lektionen pro Woche reduziert – neu sollen die betroffenen Lehrpersonen ab dem 50. Altersjahr eine zusätzliche Ferienwoche und ab dem 60. Lebensjahr zwei zusätzliche Ferienwochen erhalten. Wollten die betroffenen Lehrpersonen weiterhin den selben Beschäftigungsgrad wie im Vorschuljahr erhalten, mussten sie oft zusätzliche Aufgaben oder Lektionen übernehmen.

Diese Umstellung verursacht daher insbesondere bei älteren Lehrpersonen eine massive Schlechterstellung, die sich jährlich verschärft. So müssen beispielsweise Lehrpersonen, die mit der Einführung des neuen Berufsauftrages das 57. Altersjahr vollenden, bis zur Pensionierung insgesamt 10 Wochen länger arbeiten als mit der alten Regelung. Damit werden langjährige Lehrpersonen, die sich während ihrer gesamten Berufskarriere für die Schule eingesetzt haben, massiv schlechter gestellt. Die Änderung entspricht faktisch einer Arbeitszeitverlängerung oder einer Lohnkürzung.

Die Berufsverbände SekZH und ZLV sowie die Gewerkschaft VPOD haben sich gegen die Schlechterstellung älterer Lehrpersonen durch die Einführung des neuen Berufsauftrags gewehrt. Unsere Aufforderung an die Regierungsrätin Silvia Steiner einen fairen Ausgleich zu schaffen, blieb ungehört. Die Verbände SekZH, ZLV und VPOD sind überzeugt, dass durch die Gesetzesänderung das Vertrauens- und Verhältnismässigkeitsprinzip in inakzeptabler Weise verletzt wird. Daher wurde eine Musterverfügung betreffend einer individuellen Beschäftigungsgrade vorsorglich angefochten. Ein Entscheid steht noch aus.

Das gleiche Problem entsteht bei Aufgaben, die früher mit Zusatzlektionen abgegolten wurden und neu in den Berufsauftrag integriert werden. Beispielsweise wird der Wegfall der Koordinationslektionen nur kompensiert, wenn der Lehrperson genügend Arbeitszeit im Tätigkeitsbereich Zusammenarbeit angerechnet wird. Auch Fachlehrpersonen sind besonders gefährdet. Da sie über keine 100-Stunden-Pauschale wie die Klassenlehrpersonen verfügen, ist der Arbeitsaufwand in den anderen Tätigkeitsbereichen entsprechend hoch. Wenn die Schulleitungen nun bei Fachlehrpersonen den Lektionenfaktor senken (üblicherweise 1 Lektion = 58 Jahresarbeitsstunden), verschärft sich die Situation zusätzlich. Eine Senkung des Faktors lehnt der VPOD ab und fordert die Schulen dazu auf, dieses Instrument nicht zu verwenden.

Unverschuldete Abwesenheiten

Wenn Lehrpersonen weniger als einen Monat krank sind, müssen sie alle verpassten Arbeiten ausserhalb des Bereiches Unterricht – in den Bereichen Schule, Zusammenarbeit, Weiterbildung und Klassenlehrperson – nachholen und die Gesamtjahresarbeitszeit in diesen Bereichen trotz Krankheit erfüllen. Dies macht pro Woche im Schnitt rund 6,5 Stunden aus. Dasselbe gilt für Abwesenheiten aufgrund von Unfall, Militär und wenn ein Dienstaltersgeschenk bezogen wird. Erst wenn die Absenz länger als ein Monat dauert, wird die Jahresarbeitszeit in den Bereichen Schule, Zusammenarbeit und Weiterbildung um einen Zwölftel gekürzt. Dass unverschuldete Abwesenheiten nicht bereits ab Tag 1 zu einer Reduktion der Arbeitszeit führt, ist eine Absurdität des neuen Berufsauftrages und einzigartig in Berufen, die eine Arbeitszeitregelung kennen. Die Folge ist, dass eine Lehrperson, die unverschuldet abwesend ist (bspw. auf Grund von Krankheit), Aufgaben, die sie nicht erledigen konnte, nachholen muss. Wenn das Nachholen der Arbeit nicht möglich ist, riskiert die Lehrperson mit einem negativen Arbeitszeitsaldo in das nächste Schuljahr zu wechseln.

Der VPOD hat dem Volksschulamt eine Lösung vorgeschlagen, welche eine faire Umsetzung ermöglicht. Jedoch ist dazu eine Änderung der betreffenden Verordnung notwendig. Dieser Prozess soll aus Sicht des VPOD so schnell wie möglich gestartet werden. Bis dahin sollen Schulleitungen eine faire Praxis walten lassen. Kommt es auf Grund dieser Regelung zu einem Problem, sollen sich Mitglieder beim VPOD melden.