Zwei Wochen Gratisarbeit pro Jahr? 250 Millionen Franken Lohnklau!

Vor genau einem Jahr hat der VPOD Zürich die Forderung gestellt: Umkleiden ist Arbeitszeit! Seit dann ist viel geschehen und der Grundsatz wird heute kaum mehr bestritten, aber er wird auch nicht umgesetzt. Der VPOD prangert den Vollzugsnotstand an.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco, der Regierungsrat des Kantons Zürich und alle Gutachten bestätigen, was der VPOD schon lange sagt: Betrieblich verordnetes Umkleiden ist als Arbeitszeit anzurechnen. Eigentlich bestreitet das heute niemand mehr. Eigentlich. Aber in der Praxis haben es erst drei Spitäler im Kanton Zürich anerkannt und umgesetzt: die Schulthess-Klinik, das Kinderspital Kispi und das Universitätsspital Zürich USZ.

Die Spitäler im Kanton Zürich bauen ständig neue Luxusbettenhäuser, geben Millionen für neue Logos und Werbung aus und auch sonst scheint ihnen nichts teuer genug zu sein. Dem Personal der meisten Spitäler wird aber weiterhin jedes Jahr zwei Wochen Arbeitszeit geklaut, weil die Umkleide­zeit nicht angerechnet wird.

Seit letztem Jahr begleitet der VPOD seine Forderung auch mit Lohnklagen. VPOD-Mitglieder können mit einer Vollmacht die Gewerkschaft beauftragen, in ihrem Namen den Lohn für die letzten fünf Jahre Umkleidezeit einzufordern. Die Rechnung ist grundsätzlich relativ einfach: 15 Minuten pro Tag für Umkleiden und den Gang von der Garderobe auf die Arbeitsstation und zurück (20 Minuten am USZ) ergeben im Jahr (unter Abzug der Ferien) rund zwei Wochen Arbeitszeit, die entweder als Freizeit kompensiert oder ausbezahlt werden muss. Für fünf Jahre macht das 2.5 Ferienmonate oder Monatslöhne!

Rechnet man den Betrag hoch auf alle Angestellten der Spitäler im Kanton Zürich, die einer Umkleidepflicht unterstehen, kommt der VPOD auf eine Summe von rund 1'340'000 Arbeits­stunden pro Jahr! Das macht 6.5 Millionen Stunden für fünf Jahre oder gut 250 Millionen Franken.* So viel schenken die Spitalangestellten, die sich im Betrieb umkleiden müssen, ihrem Spital. Oder besser gesagt: So viel klauten die Spitäler ihren Angestellten bisher jedes Jahr.

Der VPOD fordert die Anrechnung der Umkleidezeit aber nicht nur für Spitäler, sondern für alle Betriebe und Branchen, in denen eine Umkleidepflicht besteht. Entsprechend haben wir auch alle Städte und Gemeinden des Kantons Zürich angeschrieben, um in den kommunalen Betrieben (Alters- und Pflegeheime usw.) für die Durchsetzung des Rechts zu sorgen. Auch das Arbeitsinspektorat des Kantons Zürich und das Amt für Wirtschaft und Arbeit AWA wurden aufgefordert, ihrer Pflicht nachzukommen, die Einhaltung des Arbeitsgesetzes zu überwachen und wo nötig durchzusetzen.

Roland Brunner, Sekretär VPOD Sektion Zürich Kanton

* Berechnungsrundlage: Anzahl Angestellte in der Akutsomatik gemäss dem Bericht „Gesundheitsversorgung 2018“ der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich: 24‘030. Davon mit Umkleidepflicht im Betrieb (ärztliches Personal, Pflege, Küche, Reinigung usw.) rund zwei Drittel = 16‘000 Angestellte. Bei einer Forderung von zwei Wochen pro Jahr = 2.5 Monate für die fünf Jahre ergibt das eine Arbeitszeit von 6'400'000 Stunden, die das Gesundheitspersonal unbezahlt geleistet hat. In Franken ausgedrückt: Bei einem errechneten Durchschnittswert von Fr. 16‘000 pro Person ergibt dies für alle 16‘000 Angestellten rund 50 Millionen Franken pro Jahr und 256 Millionen Franken für die fünf Jahre.