Umkleidezeit im Gesetz und vor Gericht

Der Begriff «Arbeitszeit» wird bemerkenswerterweise weder im Obligationenrecht noch in den ver­schiedenen öffentlichen Personalgesetzgebungen geregelt.

Einzig in der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz findet sich in Art. 13 Abs. 1 eine Definition. Dort wird die Arbeitszeit als jene Zeit definiert, während welcher sich der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung halten muss (Art. 13 Abs. 1 ArGV1). Das SECO hat im Februar 2019 die Weisung zu Art. 13 ArGV 1 präzisiert und festgehalten, dass das An- und Abziehen von Kleidern inklusive Schutzkleidern zum Gesundheitsschutz, falls dies von Gesetzes wegen oder vom Arbeitgeber vorgeschrieben sei, als Arbeitszeit zu gelten habe.

Lehre und Rechtsprechung sind sich einig, dass in allen Rechtsgebieten der Begriff Arbeitszeit im Kern gleich und nicht anders als in der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz ausgelegt wird. Abweichende Definitionen finden sich daher weder in der Lehre noch in der Rechtsprechung zum privaten und zum öffentlichen Arbeitsrecht (öffentliches Personalrecht und Arbeitsgesetz). In der Lehre zum Obligationen­recht wird die Arbeitszeit als jene Zeit definiert, in welcher sich der Arbeitnehmer inner- oder ausserhalb des Betriebes für das Bedürfnis des Arbeitgebers zur Verfügung zu stellen hat und auch tatsächlich steht und damit nicht frei über seine Zeit verfügen kann (Streiff/von Kaenel/Rudolph, Der Arbeitsvertrag, 7. Auflage, N 9 zu Art. 321, S. 163).

Sowohl im öffentlichen als auch im privaten Arbeitsrecht gilt daher der Grundsatz, dass die Zeit, während welcher man sich zu Gunsten des Arbeitgebers zur Verfügung halten muss und nicht über seine Freizeit verfügen kann, als Arbeitszeit gilt. Weil das Umkleiden in den Spitälern vorgeschrieben und im Interesse des Arbeitgebers gehrt, hat die Umkleidezeit als Arbeitszeit zu gelten.

Diese Erläuterung ist wichtig, weil das Arbeitsgesetz nicht auf alle Spitäler anwendbar ist. Das Arbeits­gesetz ist bezüglich der Arbeitszeit auf Spitäler, welche privatrechtlich organisiert sind, oder wenn diese von der öffentlichen Verwaltung ausgegliedert sind und in einer selbständigen Anstalt firmieren (USZ, KSW), anzuwenden. Wenn die Spitäler Teil der Verwaltung sind (z.B. Stadtspitäler Zürich) oder einem öffentlichen Spitalverband unterstehen, gilt das Arbeitsgesetz nicht und es ist das anwendbare Personal­recht massgebend. In diesen Personalrechten findet sich aber - wie bereits ausgeführt - keine anders­lautende Definition von Arbeitszeit, weshalb so oder anders die Umkleidezeit als Arbeitszeit zu gelten hat.

Stand der Verfahren

  • Limmattal Spital: Das Spital hat es abgelehnt, rückwirkende Umkleidezeiten auszuzahlen. Sechs Personen haben gegen diese Verfügung Rekurs beim Bezirksrat Dietikon eingelegt. Schriftenwechsel abgeschlossen. Entscheid BR Dietikon ist ausstehend.
  • Spital Bülach: Neun Personen haben die rückwirkende Umkleidezeit eingeklagt. Verhandlung vor dem Friedens­richteramt Bülach fand am 24. September 2019 statt und nun kann innert 3 Monaten beim Arbeits­gericht Bülach geklagt werden.
  • USZ: Das USZ hat rund 150 Verfügungen erlassen, dass keine rückwirkende Umkleidezeit bezahlt wird. Dagegen werden mindestens 60 Personen Rekurs beim Spitalrat erheben.

Markus Bischoff, Rechtsanwalt