Eintreten, aber...

Das Eintretensvotum von Andi Dauru, Copräsident der SP Zürich und VPOD-Mitglied.

Wir stehen hier vor der Debatte über ein äusserst wichtiges Gesetz für den Kanton Zürich: Das Spitalplanungs- und Finanzierungsgesetz. Es regelt nicht weniger als die Sicherstellung einer guten und qualitativ hochstehenden Spitalversorgung für alle Menschen in diesem Kanton. Eine verantwortungsvolle Aufgabe! Die Kultur der 2012 eingeführten Spitalfinanzierung basiert auf Wettbewerb und setzt auf falsche finanzielle Anreize. Sie will die Privatisierung. Privatisierung nicht nur der Spitäler, sondern auch der Gewinne, wie wir es heute auch noch im Rahmen der Debatte um die Ärzt*innen – Honorare hören und diskutieren werden. Leittragende ebendieser Spitalfinanzierung sind die Patient*innen, das Personal und die Bevölkerung mit immer höheren Prämien.

Und was heisst dies nun konkret für das vorliegende SPFG? Es braucht dringend ergänzende, inhaltliche und vor allem qualitative Ziele auf kantonaler Gesetzes-ebene, um negative Auswirkungen der wettbewerblichen Rahmenbedingungen aus dem KVG auszugleichen, ich würde sogar sagen eher auszumerzen!

Es geht darum, die falschen finanziellen Anreize zu eliminieren, die Qualität zu stärken, Koordination und Kooperation zu fördern, Überversorgung aufgrund der völlig verfehlten Angebotsorientierung zu verhindern und etwas vom Wichtigsten: Das Personal nicht einfach nur freundlich lächelnd zu beklatschen, sondern ernst zu nehmen und anständige Arbeitsbedingungen zu schaffen. So dass es auch in 10 Jahren noch Menschen gibt, die in den Spitälern uns und unsere Lieben pflegen und behandeln! Eine schwierige Aufgabe, nicht wahr? Ja - und ich sage es gleich vorweg: Eine Mehrheit hier drin hat diese Aufgabe nicht erfüllt!

Dabei hat ja eigentlich alles einen überraschend guten Anfang genommen: Im März 2019 brachte der damalige Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger einen ersten SPFG – Entwurf in die Vernehmlassung. Und es ist ja schon etwas erstaunlich, dass wir als Linke dies an dieser Stelle sagen müssen: Es war ein guter Entwurf, welcher RR Heiniger kurz vor Ende seiner letzten Legislatur in die Vernehmlassung schickte! Wir haben diesen als SP auch entsprechend gewürdigt. Der Entwurf sah genau solch ergänzende und korrigierende Massnahmen vor. So sollte bei einem Überangebot an Spitälern, die sich um einen Leistungsauftrag bewerben, «auf das Kriterium grösstmöglicher gemeinnütziger Ausrichtung des Unternehmens» abgestellt werden. Ein Experimentierartikel, der zeitlich begrenzt Leistungsaufträge «für neue Versorgungsmodelle» möglich machen sollte, war ebenfalls vorgesehen. Wenn ein Spital vorgegebene Leistungsmengen ohne Grund überschreitet, hätten verminderte Tarife gelten sollen. Nun, was ist geschehen mit diesem Entwurf? Er wurde quasi in der Luft zerrissen; und zwar insbesondere von Interessensvertreter*innen und Verbänden aus dem Dunstkreis der Spitallobby – von denen ja bekanntlich auch einige hier im Rat sitzen - sowie den verschiedenen ärztlichen Standesorganisationen, welche alle um ihre Pfründe fürchteten, denn bekanntlich lässt sich mit einem schwachen kantonalen Gesetz gutes Geld machen. Der verlängerte, politische Arm dieser Vereine und Verbände sind die bürgerlichen und sogenannt liberalen Parteien hier drin, welche natürlich sofort gerne zu Hilfe eilten und diesen ursprünglichen Entwurf - um es an einem Beispiel aus der Spitalinfrastruktur zu benennen – den Ausguss hinunterschickten. Wir werden zudem den Verdacht nicht ganz los, dass auch die Gesundheitsdirektorin vor dieser mächtigen Lobby eingeknickt ist.

Einzig begrüssen tut die SP aus der aktuellen regierungsrätlichen SPFG - Vorlage den neuen §11: Die gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Hier ist die Gesundheitsdirektorin auch nach der Vernehmlassung zum ersten Entwurf hart geblieben. Neu soll es möglich sein, sinnvolle Versorgungsangebote zu subventionieren, welche stationäre Pflichtleistungen ergänzen, aber eben nicht oder nur ungenügend vom KVG abgedeckt sind. Das ist die einzige Verbesserung. Die Fraktionen, die sich für ein fortschrittliches SPFG einsetzten, sind mit allen weiteren Anträgen in der KSSG unterlegen. Anträge, die das SPFG auf Qualität ausrichten wollte, auf den tatsächlichen Bedarf und vor allem auf das Personal und somit auf uns alle, die Prämien- und Steuerzahler*innen und evtl. zukünftigen Patient*innen.

Wir halten selbstverständlich an unseren Anträgen fest. Wir wollen eine Diskussion darüber, wie in Zukunft die stationäre Gesundheitsversorgung in diesem Kanton aussehen soll. Die bürgerlichen Parteien werden den Wähler*innen erklären müssen, warum sie nichts gegen Überversorgung und in diesem Sinne auch gegen ein ineffizientes Gesundheitswesen unternehmen. Sie müssen sich aber vor allem auch erklären, warum sie den Fokus nicht stärker auf die Qualität der Behandlungen legen. Sie müssen sich erklären, warum sie weiterhin der Ansicht sind, dass – und lassen sie sich das als Prämienzahler*innen mal auf der Zunge zergehen – dass sich die Menge und die Art der Behandlung und des dadurch erzeugten Umsatzes weiterhin auf die Vergütung der Ärzteschaft auswirken soll. Und gespannt bin ich vor allem auf die Erklärung der Bürgerlichen, warum sie aus der Corona – Zeit in Bezug auf das nichtärztliche Personal nichts, aber auch gar nichts gelernt haben. Das Personal wird weiterhin im Gesetz ignoriert. Überall dort, wo wir im Gesetz das Personal stärken wollen, sind FDP und SVP und in einem wesentlichen Punkt, dem GAV, auch die GLP und die Mitte (CVP) nicht mit im Boot. Sagen sie klar und deutlich: Warum kümmert Sie der Pflegenotstand nicht? Schon vor Corona ein grosses Problem, wurde während Corona die Belastung des Pflegepersonals überdeutlich und die Situation verschärft sich aufgrund des Attraktivitätsverlusts der Gesundheitsberufe nach Corona weiter. Wir sind gespannt auf diese Debatte zum SPFG.

Nun zu den Ärztehonoraren bei den kantonalen Spitälern: Da sieht die Situation etwas besser aus. FDP und SVP haben allerdings auch hier immer noch nichts aus diversen Debakeln am USZ und allgemein um die ganze Diskussion um Ärztehonorare gelernt. Wie schon bei der unsäglichen Ablehnung des ZHG im September 2017, als die beiden Parteien ein «Wenn Du mir, dann ich Dir» - Päckli schmiedeten, lehnen sie nach wie vor die Definition einer höchstens zulässigen Gesamtvergütung für das ärztliche Kader ab. Der Lohn soll weiterhin nach oben offen sein. Hingegen - da knüpfe ich gleich beim Thema Pflegepersonal von vorher an – soll das nichtärztliche Personal nicht von einem grösseren Prozentsatz der Leistungserträge aus Behandlungen von zusatzversicherten Patient*innen profitieren. Sie wollen diesen Anteil bei mickrigen 5% der Erträge belassen. «Wer hat dem wird gegeben», FDP und SVP sind weiterhin am Gängelband der Ärztelobby.

Doch hier hat der Regierungsrat erkannt, dass es bei diesem seit langem bestehenden Wildwuchs im Bereich der ärztlichen Honorarregelungen endlich einen Riegel braucht. Vor allem der variable Lohnanteil aus Zusatzhonoraren ist im Vergleich zum Grundlohn schlicht und einfach zu hoch, macht er doch teilweise bis zu 75% aus. Das ist hochproblematisch, weil dadurch weitere Fehlanreize gesetzt werden: Je mehr und je öfter privat zugewiesene Patient*innen in einer Klinik behandelt werden, desto grösser ist der sogenannte Klinikpool und desto mehr Mittel stehen für die Verteilung an das ärztliche Kader zur Verfügung. Die Gefahr für eine medizinisch nicht indizierte Mengenausweitung und eine ungerechte, einseitige und undurchsichtige Verteilung der Poolgelder durch die jeweiligen Klinikdirektor*innen ist gross. Es ist folgerichtig, dass zusätzliche Erträge nun in die Betriebsrechnung fliessen sollen. Es gilt hier zu betonen, dass dies nur die vier kantonalen Spitäler betrifft.

Ich komme zum Schluss: Wir werden auf diese Vorlage eintreten. Aufmerksame Höhrer*innen haben bemerkt, dass ich beim Eintretensvotum das SPFG und die Regelung der Ärzt*innen-Honorare getrennt behandelt habe. Die SP wird am Schluss dieser Debatte den Antrag stellen, über das SPFG und die vier Spitalgesetze getrennt abzustimmen, da es sich um zwei verschiedene Vorlagen handelt. Und wie sie vielleicht auch bemerkt haben, sind wir mit der Vorlage zu den Ärztehonorare einverstanden, werden das SPFG jedoch ablehnen, sollte es bei den für uns relevanten Anträgen nicht noch eine Mehrheit geben.